Wiesbaden. Diese Nachricht sorgt für Trauer und Fassungslosigkeit in der Wiesbadener Fußball-Gemeinschaft. Gerhard Steudter ist im Alter von 59 Jahren einem Krebsleiden erlegen. „So ein lieber Mensch. Ich bin einfach nur entsetzt. Mit ihm konnte man über alles reden“, zeigt sich auch Ingmar Schnurr tief betroffen. Gerhard Steudter, zwölf Jahre lang Obmann der Wiesbadener Fußball-Schiedsrichter, hatte ihn 2012 als seinen Nachfolger vorgeschlagen. „Er hat mich damals super eingearbeitet. Bis zuletzt hat er in der Corona-Zeit an unseren Online-Sitzungen teilgenommen“, würdigt Schnurr die lange und freundschaftliche Verbundenheit.
Gerhard Steudter, SG Germania, das sei ein Markenzeichen gewesen, erinnert sich Klaus Welz: „Gerhard hat sich auf dem Platz durchgesetzt. Aber er war immer ein Freund der Spieler. Keiner, der den Hammer ausgepackt hat. Bei den Vereinen, den Spielern und Trainern war er ein gerne gesehener Schiedsrichter.“ Zeitweise war Gerhard Steudter im Gespann von Klaus Welz als Assistent dabei. Später wiederum stand Welz‘ Sohn Tobias in der Regionalliga bei Spielleiter Steudter an der Linie. Und es ging noch weiter hinauf. Im Gespann von Lutz Wagner assistierte Gerhard Steudter in der Bundesliga und blickt sogar am 22. Januar 1997 in Palermo beim Freundschaftsspiel zwischen Italien und Nordirland (2:0) im Gespann von Lutz-Michael Fröhlich auf einen internationalen Einsatz zurück.
„Er war als Mensch so was von angenehm und immer für einen da. Mehr als ein Freund, er war der Freund“, streicht Klaus Welz heraus. Als Obmann habe Steudter immer auf ein Miteinander auf freundschaftlicher Basis gesetzt. Und beim großen, von den Schiedsrichtern organisierten Turnier in der stets rappelvollen Halle am Elsässer Platz habe sich das von Gerhard Steudter vorgelebte Gemeinschaftsgefühl auf alle Beteiligten übertragen.
Auch Lutz Wagner wusste die freundschaftliche Bande und die absolute Verlässlichkeit des Wiesbadeners als „Assistent 1“ sehr zu schätzen. Von der 2. Liga stiegen sie gemeinsam in die Bundesliga auf. Als das Wort Videobeweis noch nicht existierte und keine Headsets genutzt wurden. Die Fahne mit Holzgriff, ein Piepser, aber vor allem der stete Blickkontakt – das seien damals die Komponenten gewesen, schaut Wagner zurück: „Da musste man schon wissen, wie der andere tickt. Gerhard hat das immer ganz exzellent gemacht. Er war der Assistent auf der Seite mit den Bänken und konnte gut mit den Trainern. Der frühere Bundesliga-Coach Aleksandar Risticć verteilte immer Wick-Blau-Bonbons, wenn er mit der Leistung des Assistenten zufrieden war. Bei Gerhard befanden sich nach dem Spiel gleich drei Bonbons in der Sporttasche.“
Mit Wagners Gespann, zu dem noch Michael Grieben zählte, ging es nach dem Aufstieg am vierten Spieltag zur Partie Borussia Dortmund (mit Teddy de Beer, Julio Cesar und Stéphane Chapuisat) gegen Bayer Leverkusen (mit Bernd Schuster und Rudi Völler) – Gerhard Steudter stand im Bundesliga-Rampenlicht, als es noch eine Fülle an echten Typen gab. Lutz Wagner mag diese gemeinsame Zeit nie missen: „Gerhard war ein feiner Mensch, ein positiver Typ, immer gut drauf.“
Quelle Wiesbadener Kurier vom 24.07.2021
Begegnung mit US-Außenminister Meilenstein in der Fußballvita von Helmut Herrmann, der heute 80 wird
Bild Bea Junghans
WIESBADEN (nn). Plötzlich schien er verschwunden. Henry Kissinger, 1998 Gast beim DFBBundestag in Wiesbaden, war nach dem Festakt im Staatstheater nicht mehr zu sehen. Der damalige DFB-Präsident Egidius Braun schlug Alarm, Polizeieinsatzleiter Manfred Tecl schickte fünf, sechs Beamten zur Suche. Und Helmut Herrmann, seinerzeit Wiesbadens Kreisfußballwart, begab sich ebenfalls eilig nach draußen. Um den früheren US-Außenminister mit deutschen Wurzeln und dem Faible für den Fußball auf dem Bowling Green stehend zu entdecken. „Er hat sich einfach nur alles angeschaut. Wir sind dann gemeinsam zurückgegangen und haben miteinander gesprochen. Er hat sich für die Bundesliga interessiert – so etwas vergisst man nicht“, erinnert sich Helmut Herrmann, der an diesem Mittwoch seinen 80. Geburtstag feiert, nur zu gut an diesen ganz besonderen Augenblick. Auf jeden Fall war der DFBBundestag, an dessen Vorbereitung er tatkräftig mitgewirkt hatte, ein Meilenstein in der in der äußerst bewegten FußballVita des Dotzheimers, der als Straßenfußballer beim TuS Dotzheim den Weg in den Verein fand, unter Trainer Gerd Klimmeck in der Spielzeit 1959/60 zum Meisterteam zählte, das den Sprung von der A- in die Bezirksklasse geschafft hatte. „Die Begeisterung war früher größer. Da ist kaum einer in Urlaub gefahren, aber alle sind auf den Sportplatz gegangen. Das Zusammengehörigkeitsgefühl war weitaus größer“, blickt er zurück. Helmut Herrmann, seinerzeit als „Halblinker“ im Mittelfeld zuhause, suchte zur Saison 1964/65 die Herausforderung beim FV Biebrich 02, erlebte im Hessenliga-Derby gegen den SVW vor 8000 Zuschauern mit dem per Abstauber erzielten Treffer zum 1:1-Endstand gleich eine Premiere nach Maß. Es war die letzte Saison von Jürgen Grabowski im Biebricher Trikot vor dem Wechsel zur Frankfurter Eintracht. Was nichts daran änderte, dass sich zwischen Herrmann und „Grabi“ eine bis heute andauernde enge Freundschaft entwickelte. Grund genug für den jetzigen Wiesbadener Ehrenfußballwart, auch noch stets den Fokus auf den Profifußball, sprich auf die Eintracht, zu richten, obwohl er die Auswüchse in den höchsten Klassen überhaupt nicht nachvollziehen kann. Den Ansatz, dass der Kreis Wiesbaden nach der langen Corona-Pause zunächst mit einer gewohnten Hinund Rückrunde plant, statt auf alternative Modelle zu setzen, findet er nachvollziehbar und befürwortet ausdrücklich die Wiedereinführung der Zehn-MinutenZeitstrafe. Abschaffen würde er die Winterwechselperiode, und auch von der Option der bis Ende August möglichen Verpflichtung eines Spielers als Vertragsamateur hält Helmut Herrmann nichts. Die Freude am Fußball wird er sich aber auch in Zukunft nicht nehmen lassen. – ob beim Blick auf die Nationalelf („Hansi Flick hat bei den Bayern super Arbeit geleistet.“), auf die Eintracht oder natürlich auch insbesondere auf das Geschehen bei den Amateuren, deren Interessen er als Kreisfußballwart von 1993 bis 2008 und im Verbandsspielausschuss (1996 bis 2008) so lange mit Herzblut und Hartnäckigkeit vertreten hat.
Quelle Wiesbadener Kurier vom 14.07.2021