Interview mit Trainer Mirko Tinz: „Großartig, endlich wieder auf dem Platz zu stehen“

02. Juni 2020 · Top-News · von: Hannah Marquard

Mirko Tinz ist 36 Jahre alt und bereits seit 18 Jahren als Fußballtrainer aktiv. Der B-Lizenzinhaber ist seit 2018 Trainer im Nachwuchsbereich des 1. FFC Frankfurt und trainiert dort aktuell die U16-Juniorinnen, die Anfang März noch die süddeutsche Futsal-Meisterschaft der C-Juniorinnen gewinnen und erstmals nach Hessen holen konnte.

Exakt acht Wochen nach dem letzten Meisterschaftsspiel startete die Mannschaft wieder in das Mannschaftstraining. Grund genug für HFV-Frauen- und Mädchenfußballreferentin Hannah Marquard nachzufragen, wie es der Mannschaft und dem Trainerteam dabei ergangen ist.

Mirko Tinz. Foto: privat

Welches Fazit ziehen Sie aus den ersten Trainingseinheiten nach Wiedereinstieg in den Trainingsbetrieb?
Mirko Tinz:
Es war ein tolles Gefühl für alle, sich nach so langer Zeit wiederzusehen und gemeinsam auf dem Fußballplatz zu stehen. Es wurde gemeinsam viel gelacht, es lief sogar bei 1-2 Spielerinnen beim ersten Wiedersehen die ein- oder andere Freudenträne. Trotz aller Wiedersehensfreude waren alle sehr diszipliniert und hielten sich an die Hygiene- und Abstandsregeln.

Bei der Durchführung von Trainingseinheiten sind einige (Hygiene-) Auflagen zu berücksichtigen. Wie es gelungen, diese umzusetzen? Welche Vorbereitungen mussten getroffen werden?
Mirko Tinz:
Hier muss ich den Vereinsverantwortlichen, genauso wie dem Sportamt Frankfurt sowie unseren Platzwarten ein großes Kompliment machen. Sie haben innerhalb kürzester Zeit ein Konzept auf die Beine gestellt, so dass wir bereits am 13. Mai erstmals wieder trainieren konnten. Unter anderem gibt es einen gesonderten Ein- und Ausgang, die Toiletten verfügen über Seifenspender und sind frei zugänglich, zudem hat uns der Verein ausreichend Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt. Auch die Trainingszeiten wurden angepasst, so gibt es nun Pufferzeiten zwischen den einzelnen Trainingseinheiten der Teams, so dass die Mannschaften sich nicht über den Weg laufen.
Was mich sehr stolz macht ist zudem, wie diszipliniert und umsichtig die Mannschaft insgesamt mit der Corona-Situation, aber auch mit den Vorgaben auf dem Sportplatz umgeht. Sie nehmen das Thema trotz ihres jungen Alters sehr ernst und sind sich ihrer Verantwortung und Vorbildfunktion bewusst.

Was hat sich in Hinsicht auf die Trainingsinhalte zu einer „normalen“ Einheit verändert? Auf welche Übungs-/Trainingsformen greifen Sie du zurück?
Mirko Tinz:
Es gilt, sich vorab noch intensiver Gedanken über die möglichen Trainingsziele und -inhalte sowie den Platzaufbau zu machen, Übungsformen müssen „Corona-gerecht“ angepasst bzw. umgebaut werden. Hier ist teilweise Kreativität gefragt, doch so schwierig ist das letztlich gar nicht und dient zugleich auch der persönlichen Weiterentwicklung.
In den kommenden Wochen konzentrieren wir uns auf Übungsformen im technischen und athletischen Bereich. Im technischen Bereich lässt sich nahezu alles sehr gut individuell und isoliert trainieren. Diese Trainingsinhalte versuchen wir so spannend wie möglich zu gestalten, indem wir Wettspiele integrieren und zudem immer wieder positiv und motivierend das Training moderieren.

Welche Tipps können Sie Vereinen und Trainern geben, die ebenfalls den Trainingsbetrieb wieder aufnehmen möchten?
Mirko Tinz:
Ich kann jeden Verein, jeden Funktionär und Trainer nur dazu ermutigen, wieder zeitnah den Trainingsbetrieb zu ermöglichen, auch wenn es zu Beginn eventuell nur eine Trainingseinheit pro Woche ist. Auch hier gilt: Weniger ist manchmal mehr. Insbesondere der Kinder- und Jugendfußball hat hier auch einen sozialen und gesellschaftlichen Auftrag. Auch das Argument, „die Saison wird ja eh abgebrochen“, sollte hier nicht gelten, auch ohne Wettkampf und Meisterschaft ist ein spannendes Training möglich, die Kinder und Jugendliche sehnen sich danach, wieder gemeinsam auf dem Platz zu stehen, wenn auch mit Abstand.
Ich höre und lese aktuell immer mal wieder in den sozialen Medien, dass die Vorgaben nicht umzusetzen sind und zu viel Aufwand bedeuten. Meine Empfehlung: Fragt bei anderen Vereinen nach, die im Trainingsbetrieb sind, wie Sie die Vorgaben umgesetzt haben, fragt die Eltern Eurer Jugendspielerinnen und -spieler und/oder Eure aktiven Spielerinnen und Spieler, sie unterstützen sicherlich mehr denn je die Umsetzung der Vorgaben, um einen Trainingsbetrieb zu ermöglichen.

Blieb Ihr Kontakt zu den Spielerinnen erhalten und welchen Eindruck haben Sie vom derzeitigen Leistungsniveau der Spielerinnen?
Mirko Tinz:
Wir wurden, genauso wie alle anderen, aus heiterem Himmel aus dem Trainings- und Spielbetrieb gerissen. Wir haben dann relativ schnell individuelle Trainingspläne erstellt, die mit der Zeit immer wieder angepasst wurden. Die Spielerinnen mussten vor und nach dem Training zudem berichten, wie es Ihnen geht und wie sie das Training empfanden, genauso mussten sie ein Foto vom Training in die WhatsApp-Gruppe der Mannschaft stellen, dass zur Motivation aller diente. Zudem galt es immer mal wieder eine Challenge zu lösen, beispielsweise ein kreatives Technikvideo zu erstellen oder die „Finte der Woche“ einzuüben.
Ich habe mich zudem relativ schnell dazu entschieden, uns zweimal die Woche an festen Terminen mit der Mannschaft „virtuell“ in einer Zoom-Konferenz zu treffen, dienstags zum „Team-Talk“ und donnerstags zum Cyber-Training mit unserem Athletiktrainer Alex Kurkowski, der sich hier Woche für Woche sehr viel Mühe gegeben hat.
Insgesamt hat es sehr gut funktioniert und ich bin sehr zufrieden, wie die Mannschaft die Situation angenommen hat. Klar gab es auch bei der ein- oder anderen Spielerin mal den ein oder anderen Durchhänger, aber das gehört aus meiner Sicht dazu.
Aktuell merken wir schon, trotz der individuellen Trainingspläne, dass die Mannschaft acht Wochen nicht auf dem Platz gestanden hat, insbesondere in der fußballspezifischen Ausdauer sowie in der Arbeit mit dem Ball. Aber das gehen wir jetzt gemeinsam mit großer Motivation und Freude an, wachsen mit dieser Herausforderung und genießen das gemeinsame Training auf dem Platz.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Spaß und Erfolg auf dem Platz!