Fußballheimat Hessen: Buch stellt 100 Orte und Geschichten vor

04. Januar 2022 · Top-News · von: Text & Fotos: Frank Schneider

Für das in diesen Tagen druckfrisch erschienene Buch „Fußballheimat Hessen“ hat sich der fußballverrückte Hörfunkjournalist Jonas Schulte über mehrere Monate auf Spurensuche begeben und interessante Geschichten rund um das runde Leder aufgestöbert. Vorgestellt werden 100 Orte der Erinnerung, allesamt in Hessen.

Vom Dorfsportplatz im Vogelsberg bis hin zum Frankfurter Waldstadion. Aktuellere Geschichten, wie das „Jahrhundertspiel“ der Verbandsliga Süd, als Robin Prey im Großkrotzenburger Oberwaldstadion Ende September 2019 mit sechs Treffern mitverantwortlich dafür war, dass seine Germania gegen den SV der Bosnier Frankfurt in Hälfte zwei einen 0:5-Rückstand noch in einen 7:5-Sieg umbog, werden genauso thematisiert wie der geschichtsträchtige Bundesliga-Skandal, der vor 50 Jahren in Obertshausen bei einer Gartenparty des damaligen OFC-Präsidenten Horst-Gregorio Canellas aufdeckt worden war.  

Zu den in Fußballheimat Hessen beschriebenen magischen Orten zählen indes nicht nur Sportanlagen, sondern auch markante Punkte wie die Krämerstraße 22 in Hanau. Dort befand sich im Jahr 1893 mit dem Restaurant Mohr die Gründungsstätte des FC Hanau 93. „Dort hat also alles begonnen“, schmunzelt Schulte. Bekanntlich sind die 93er der älteste Fußballverein Hessens. Dort, wo sich heute ein Geschäftshaus unauffällig ins Stadtbild fügt, stand vor über 125 Jahren die Wiege des hessischen Fußballs.     

Klar, die bekannten Sportstätten wie das Frankfurter Waldstadion, der Bieberer Berg in Offenbach, das Böllenfalltor in Darmstadt oder das Auestadion in Kassel dürfen in der Lektüre über den hessischen Fußball nicht fehlen. Doch wer weiß schon, dass auch der Fuldaer B-Ligist TSV Arzell über eine Sitzplatztribüne verfügt, nach der sich manche Hessenligisten wie etwa der FC Hanau 93 die Finger lecken würden.

Apropos Hanau 93: Der Traditionsverein ist gleich drei Mal im 214-seitigen Buch präsent. Neben dem Gründungsort hat es Autor Schulte die Bierkastentribüne der Supporters angetan. 276 leere Kisten dienen den treuen Anhängern der 93er seit Jahren als befestigter Standort – gebaut natürlich in Eigenregie. Das Herbert-Dröse-Stadion dient als dritter magischer Ort nicht nur der Erinnerung an die Zweitligasaison 1978/79, sondern als Austragungsort des 2007 vor immerhin 5000 Zuschauern und unter großem Medieninteresse nachgeholten Endspiels um die Deutsche Meisterschaft zwischen dem FC Hanau 93 und Viktoria Berlin. Im Jahr 1894 mussten die Hanauer das Finale in Berlin absagen, weil sie die Kosten für die Reise nicht aufbringen konnten. Heutzutage unvorstellbar. „Ich finde Hanau als Fußballstadt total spannend“, erzählt Schulte. Dass er mit der Vorstellung der Rudi-Völler-Sportanlage eines der größten deutschen Fußballidole huldigt, versteht sich von selbst.

„Mein Ziel war es, dass aus jedem Landkreis beziehungsweise aus jeder kreisfreien Stadt Hessens mindestens eine Geschichte im Buch zu finden ist. Das ist gelungen“, erzählt der 33-jährige Autor. Der Hessische Fußball-Verband kommt ebenfalls nicht zu kurz. Im Buch werden die Sportschule in Grünberg und auch das dort seit Jahren beheimatete Archiv des Verbandes präsentiert.

Jonas Schulte selbst ist gar kein Hesse. Geboren in Hildesheim und aufgewachsen im Sauerland, verschlug das Studium den Fußballfan nach Gießen. Später arbeitete Schulte  bei einem Hörfunksender in Kassel und seit vier Jahren für den Hessischen Rundfunk in Frankfurt. „Ich bin mittlerweile in Hessen heimisch geworden“, erzählt Schulte, der auf groundblogging.de auch im Internet seit Jahren über seine Stadionerlebnisse berichtet. Es ist mitnichten allein der große Fußball, der Jonas Schulte fasziniert. Oftmals ziehen gerade kleine Vereine und vielmehr ihre meist der breiten Öffentlichkeit verborgen gebliebenen Geschichten den Journalisten in den Bann. Schulte fährt nicht wie andere „Groundhopper“ durch die Lande, nur um in möglichst vielen unterschiedlichen Stadien und verschiedenen Sportplätzen den Ball rollen zu sehen, nein, er kommt gerne mit Leuten ins Gespräch, begibt sich hin und wieder vor Ort auf geschichtlichen Exkurs und hat ein Faible für spannende und außergewöhnliche Bildmotive. Über ein Jahr hat seine Recherche gedauert. Schulte hat viel telefoniert, gelesen und bei persönlichen Besuchen Ideen und Eindrücke gesammelt. Herausgekommen ist ein lesenswertes Stück hessische Fußballgeschichte, das bei Freunden des runden Leders keinen Staub im Regal ansetzen dürfte. Im HESSEN-FUSSBALL wird der Autor in den kommenden sechs Ausgaben jeweils ein Kapitel vorstellen bei seiner Auswahl alle sechs Regionen des HFV berücksichtigen.