Eintracht Frankfurt: Museum erhält Julius Hirsch Preis

26. Dezember 2021 · Top-News · von: SGE / DFB / red

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat das Eintracht Frankfurt Museum als ersten Preisträger des Julius Hirsch Preises 2021 ausgezeichnet.

Laudatorin Julia Hirsch (Urenkelin von Julius Hirsch), Tugba Tekkal (Projekt Scoring Girls, Preisträgerin 2020), 2021-Preisträger Matthias Thoma (Eintracht Frankfurt Museum) und Laudator Alon Meyer (Präsident Makkabi Deutschland, v.l.) bei der Preisverleihung im Frankfurter Palmengarten. Foto: getty images

Der Verband würdigt mit dieser Auszeichnung die nachhaltige und umfassende Arbeit des Museums auf dem Gebiet der Erforschung, Aufarbeitung und vor allem der zeitgemäßen und breiten Vermittlung der Geschichte des Vereins in der NS-Zeit, die in ihrer historischen Tiefe und methodischen Vielfalt als vorbildhaft hervorgehoben wird.

Seit der Eröffnung im Jahr 2007 zählt die kritische Auseinandersetzung mit dem Vereinsleben im Nationalsozialismus zu den zentralen Aufgaben des Eintracht Frankfurt Museums. Dabei orientiert sich das Museum an drei Schwerpunkten: Forschung, Vermittlung und Schaffung von Erinnerungsorten. „Mit den seit 2007 vom Museum initiierten und durchgeführten Projekten wurden nicht nur innerhalb des Vereins und seiner Anhängerschaft und Fanszene ganz unterschiedliche Zielgruppen angesprochen und erreicht; ihre Wahrnehmung reicht über den Verein und über die Grenzen der Stadt Frankfurt hinaus“, begründet die DFB-Jury die Auszeichnung für das Museum.

Matthias Thoma, Geschäftsführer des Museums, freut sich über die Auszeichnung: „Dass der DFB unser Konzept der Erinnerungsarbeit als beispielhaft ansieht, freut uns sehr und motiviert uns, die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte im Nationalsozialismus weiterhin mit Veranstaltungen, Workshops und Spurensuchen aktiv anzugehen.“

Mit dem 2005 gestifteten Julius Hirsch Preis zeichnet der DFB jährlich Vereine, Initiativen oder Einzelpersonen aus, die sich öffentlich für Demokratie und Menschenwürde einsetzen sowie sich Antisemitismus und jeder Form von Diskriminierung entgegenstellen.
„Erinnerung muss lebendig bleiben“

Die 1. DFB-Vizepräsidenten Peter Peters und Dr. Rainer Koch betonten zu Beginn des stimmungsvollen Abends die Bedeutsamkeit des Preises, der an diesem Abend in einer Doppelveranstaltung zum 16. und 17. Mal vergeben wurde. „Wahrheit muss Wahrheit bleiben“, so Peters. „Erinnerung muss lebendig bleiben. Wir müssen jeden Funken, der ein Feuer auslösen könnte, so früh wie möglich austreten.“
Koch lobte den Julius Hirsch Preis als „ein sichtbares Zeichen gegen Antisemitismus und gegen jede Form der Diskriminierung.“ Er kündigte die Beauftragung einer wissenschaftlichen Studie an, die sich auch mit Fragen personeller Kontinuitäten im deutschen Fußball nach 1945 beschäftigen soll. 2005 hatte der DFB die unabhängige Aufarbeitung „Fußball unterm Hakenkreuz“ über die Verbandsgeschichte zwischen 1933 und 1945 veröffentlicht und in deren Folge den Julius Hirsch Preis gestiftet.

Hirsch-Urenkelin mahnt: „Größte Gefahr kommt von rechts“
Das Museum von Eintracht Frankfurt, seit 2007 im Stadion des Bundesligaklubs zuhause, hat die Geschichte des Vereins in den Jahren der Nazi-Diktatur in einer vorbildlichen methodischen Vielfalt und Tiefe ergründet. Zur umfangreichen Erinnerungsarbeit des Museums, hinter dem ein Förderverein mit 750 Mitgliedern steht, zählen Stolperstein-Verlegungen und Spurensuchen. Nach Bekanntgabe der Auszeichnung, waren bei Museumsleiter Matthias Thoma „Glückwünsche aus dem ganzen Land“ eingegangen. Er gemahnte zu einer niemals nachlassenden Wachsamkeit: „In den 20er-Jahren war die Eintracht ein weltoffener und liberaler Verein. Und konnte es dann doch nicht verhindern, gleichgeschaltet zu werden.“

Zuvor hatte der Präsident von Maccabi Deutschland die Laudatio auf den diesjährigen Erstplatzierten gehalten. Alon Meyer sagte in seiner bewegenden Rede: „Fast alle Fußballvereine in Deutschland bekamen die Schrecken des Nationalsozialismus zu spüren, viele mit Mitläufern in den eigenen Reihen, einige mit Mittätern. Und viel zu lange gab es keinerlei Aufarbeitung.“
Auch Julia Hirsch sprach harte Wahrheiten an. Die Urenkelin des Namensgebers beobachtet eine Grenzverschiebung in Deutschland, nicht nur beim Gesagten. „Die größte Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland kommt von rechts“, mahnte sie und wies hin auf 23.000 politisch motivierte Straftaten im Land. Den Wunsch nach einem politischen Impuls zur aktiven Demokratiestärkung bekräftigte Julia Hirsch mit ihrem Appell: „Wir sind mehr! Beweisen wir das weiterhin!“