Ehemaliger HFV-Geschäftsführer Helmut Walter ist verstorben

10. März 2021 · Top-News · von: Rolf Lutz

Hessens Fußballfamilie nimmt Abschied von ihrem langjährigen Geschäftsführer Helmut Walter. Er starb Anfang März im Alter von 94 Jahren.

Foto: Archiv

Nach dem plötzlichen Tod des Geschäftsführers Ritter musste der HFV-Vorstand im Herbst 1974 umgehend für eine neue Stellenbesetzung sorgen. Im „Kicker“ wurde die Stelle ausgeschrieben und bald meldete sich einer, der in Frankfurter Fußballkreisen bereits einen sehr guten Ruf genoss. Es war Helmut Walter, der seine Bewerbung für den Posten des Geschäftsführers am 26. August 1974 an die Privatadresse von Otto Andres in Hanau in der Uhlandstraße 15 abgab. Seine Vorstellung war knapp, aber prägnant: „Ein klares Diktat und ein sicheres Auftreten dürfen Sie von mir erwarten. Gelegentlich schreibe ich auch für die „Frankfurter Neue Presse“ im Rahmen der Sportberichterstattung. Durch mehrjährige Mitarbeit im Vorstand eines Hessenliga-Vereins habe ich mir umfangreiche Kenntnisse im Bereich des Fußballs allgemein, in dessen organisatorischer Verwaltung und der Satzungskunde der Sportverbände erworben.“

Bereits zum 19. Oktober 1974 wurde er zu einem Vorstellungsgespräch in die Sportschule in Grünberg eingeladen. Nur zwei Tage später schrieb Verbandsfußballwart Heinrich Ripper: „Wir teilen Ihnen mit, dass der Vorstand des HFV Sie zum Geschäftsführer gewählt hat. Wir hoffen, dass Sie mit Freude diese Nachricht zur Kenntnis nehmen. (….)  Wir hoffen, dass Sie, der schon viele Jahre mit dem Fußball verbunden ist, gewillt sind, in Liebe zur Sache mit dem Verbandsvorstand, den Mitarbeitern in den Bezirken und Kreisen und vor allem mit unseren Vereinen zusammen zu arbeiten.“ Am 1. Januar 1975 begann die Ära Helmut Walter als Geschäftsführer – damals noch in der Goethestraße 10 in beengten Verhältnissen. Diese Liaison sollte bis zum Verbandstag des Jahres 1993 andauern, insgesamt 18 Jahre erfolgreiche und stets konstruktive Zusammenarbeit.

Immer und ewig: Rot-Weiss Frankfurt
Die Liebe zum Fußballsport entdeckte Helmut Walter bei Rot-Weiss Frankfurt. Schon als Vierzehnjähriger schloss er sich im Mai 1941 diesem Verein als aktiver Spieler an. Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Karl-Heinz und seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Alfred zählte er zu den Stärken der Rotweißen. Der erste große sportliche Erfolg konnte zusammen im Jahre 1946 gefeiert werden, als die SG Rot-Weiss den Hessentitel bei der A-Jugend im Endspiel gegen Kickers Offenbach mit 3:2 gewinnen konnte. Im Alter von 26 Jahren hängte er die Fußballschuhe an den berühmten Nagel und widmete sich fortan der ebenso wichtigen Verwaltungsarbeit im Verein. Er bewährte sich als Spielausschussvorsitzender, als Schriftführer und als Pressewart. Ja, als die Not groß war, übernahm er sogar das Amt des Vorsitzenden. Seine Verdienste bei Rot-Weiss konnten sich in der Tat sehen lassen. Der Verein wählte ihn bereits im Alter von 46 Jahren zum Ehrenmitglied.

Fritz Walter wollte ihn als Nationalspieler
Kein Geringerer als der bekannte Sportjournalist Rudi Bregler veröffentlichte zur sportlichen Karriere von Helmut Walter zu seinem 75. Geburtstag (Vergl. HEFU 01-2002)  eine in Fußballkreisen ziemlich unbekannte Offerte: „Nur wenigen dürfte  bekannt sein, dass Dir schon zu A-Jugend-Zeiten der Hessische Meisterkranz umgehängt werden konnte. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich auch nicht immer auf dem Laufenden war. Erst als ich kürzlich in einigen Annalen blätterte, entdeckte ich einen Beitrag, in dem glaubhaft versichert wurde, dass Du sogar bei Sepp Herberger im Gespräch warst. Damals, als die Brüder Fritz und Ottmar Walter vom 1. FC Kaiserslautern die Fußballszene beherrschten, soll der Fritz Walter zum „Bundessepp“ gesagt haben: „Chef, ich könnte den Walter aus Bockenheim gut gebrauchen. Der hält  mir mit seinen kämpferischen Qualitäten nach hinten den Rücken frei.“ Die große Ehre, Nationalspieler zu werden, blieb Helmut Walter von RW Frankfurt verwehrt; doch bekannt ist, dass er Sepp Herberger des Öfteren getroffen hat.

Die Erfahrungen, die Helmut Walter bei Rot-Weiss Frankfurt hatte sammeln können, wirkten sich im positiven Sinne auch auf seine Arbeit beim HFV aus. Nachdem er Geschäftsführer beim HFV geworden war, zog er sich von der Arbeit im Verein demonstrativ zurück. Sein Motto: „Ich muss glaubwürdig und neutral erscheinen!“ Auf seine Weise blieb er dennoch den Rot-Weissen bis an sein Lebensende erhalten. Mustergültig unterstützt wurde er dabei von seiner Ehefrau Liesel, die seine Leidenschaft für Rot-Weiß und den Fußballsport uneingeschränkt teilte.

Der ruhende Pol beim HFV
Mit der Überschrift: „Helmut Walter „Der ruhende Pol des HFV“ veröffentlichte der bekannte Journalist Erich Müller im HESSEN-FUSSBALL für den geschätzten Helmut Walter aus Anlass seines 65. Geburtstages eine besondere verbale Würdigung. Er schrieb: „Helmut Walter hat das Bild des Hessischen Fußball-Verbandes in der Öffentlichkeit entscheidend mitgeprägt, den guten Ruf erhärtet und nach außen und innen sehr viel getan. In Personalunion war er ruhender Pol sowie Dreh- und Angelpunkt. Seine sympathischste Seite: Er ist immer Mensch geblieben. fand stets den rechten Ton. Er hätte wiederholt in der Öffentlichkeit glänzen können, doch er blieb stets rücksichtsvoll im Hintergrund. Er kann auf 18 arbeitsreiche Jahre im HFV-Hauptquartier zurückblicken. Er war an den konstruktiven Veränderungen maßgeblich beteiligt, schaffte mühelos den Spagat von der alten Geschäftsstelle in der Goethestraße 10 zur neuen modernen Geschäftsstelle in der Otto-Fleck-Schneise, wirkte aktiv an den zahlreichen Reformen mit und scheute sich auch nicht, die handgeschriebene Buchhaltung digital zu modernisieren und überhaupt dem Computer größere Beachtung zu schenken.

Bei seinem Amtsantritt im Jahre 1975 hatte er kämpferisch betont: „Ich hoffe auf das Vertrauen aller hessischer Amateure.“ Diesem hohen Anspruch wurde er voll gerecht dank seiner ausgeprägten Kenntnisse bei den Paragraphen, bei den Ordnungen, Rechtsfragen und Satzungskenntnissen. Beeindruckend auch sein frappierendes Stehgreif-Wissen, das ihm große Bewunderung einbrachte. Auch nach seinem Ausscheiden im Jahre 1993 blieb er dem Verband verbunden, insbesondere als „treue Seele“ im Redaktionsausschuss des HESSEN-FUSSBALL. Eine Beratung ohne Helmut Walter, das war undenkbar.

Gutes Betriebsklima
Die Ära Helmut Walter wäre mit Sicherheit nicht so erfolgreich gewesen, wenn es ihm nicht gelungen wäre, in seiner Geschäftsstelle ein vertrauensvolles Betriebsklima zu schaffen. Er  erwies sich als fairer Vorgesetzter, der sich auch in schwierigen Situationen demonstrativ vor seine Mitarbeiter stellte. Nun hat er uns für immer verlassen. Doch die Erinnerung an ihn wird bleiben. Schon  bei seinem Ausscheiden im Jahre 1993 würdigte der HFV seine Verdienste mit der Ernennung zum Ehrenmitglied. Helmut Walter war der erste Hauptamtliche, dem diese Ehrung zu Teil wurde.