Bronzetafeln für Schlosser- und Pliska-Haus enthüllt

29. Juli 2016 · Allgemein · von: Rolf Lutz

HFV-Präsident Stefan Reuß (re.) und -Ehrenpräsident Rolf Hocke enthüllen die Tafel des Wolfgang-Schlosser-Hauses. Foto: Theiß

Am Montagabend (18.07.2016) wurden die beiden am Verbandstag vorgestellten Gedenktafeln für Wolfgang Schlosser und Toni Pliska (hier geht es zu dem entsprechenden Artikel) feierlich eingeweiht und von Präsident Stefan Reuß und seinem Vorgänger, Ehrenpräsident Rolf Hocke, enthüllt. Wer waren diese Herren, denen diese Ehre zuteil wurde?

Der erste Teil handelt von Wolfgang Schlosser:

Mit beispielhafter Energie, nimmermüdem Fleiß, bewundernswerter Kreativität hat Wolfgang Schlosser im wahrsten Sinn des Wortes Geschichte geschrieben. Vor allem in der Jugendarbeit sorgte er für zahlreiche neue Akzente, die heute noch beispielhaft sind.

In der Ehrungsleiter hat er überall die höchste Stufe erreicht: Beim DFB, beim SFV, beim HFV, beim lsb h, in seinem Sportkreis, in seinem Verein. Herausragend sind: Heinz-Lindner-Preis, Bundesverdienstkreuz am Bande, Hessischer Verdienstorden. Verdient hat er allemal die Auszeichnung mit der Goldenen Ehrennadel, ja auch mit der Ehrenmitgliedschaft.

Alles begann nach dem 2. Weltkrieg als Spieler des FV Breidenbach; später als Mitglied des Vorstandes und anschließend viele Jahre als Vorsitzender. Im Jahre 1956 wählten ihn die Jugendleiter des Kreises zu ihrem Kreisjugendwart. Hier waren seine Aktivitäten so nachhaltig, dass er nur wenige Jahre später auch Kreisfußballwart wurde. Hier beschritt er neue Wege: Die Rechenschaftsberichte zu den Kreisfußballtagen wurden in schriftlicher Form vorgelegt, damals ein absolutes Novum. Als Klassenleiter der Gruppenliga setzte er ebenfalls neue Akzente. Das gesamte Spielgeschehen hielt er für alle Vereine in schriftlicher Form fest. Im aufwändigen Carbon-Sprit-Verfahren vervielfältige er für alle Vereine diese Zusammenfassung.

Im Jahre 1972 begann dann seine aktive Mitarbeit beim Hessischen Fußball-Verband auf Landesebene. Gegen zwei Mitbewerber setzte er sich schon im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit als Verbandsjugendwart durch. Das war ein fulminanter Start, dem eine beispielhafte Karriere im Jugendfußball folgen sollte. Mit Geduld, Können, Durchsetzungsvermögen, nie nachlassender Energie sorgte er bis zu seinem Ausscheiden aus dem HFV-Vorstand im Jahre 2000 für markante Veränderungen und Verbesserungen im Bereich der Jugend. Durch sein Wirken erhielt die Jugendarbeit des Verbandes einen weitaus höheren Stellenwert.

Viele Details brachten die Jugendarbeit nach vorne:
Er setzte ein gänzlich neues Spielsystem durch. Er realisierte, dass in allen Jugendbereichen – bis auf die Jüngsten – Landes-Meisterschaften ausgetragen wurden. Er sorgte für das Qualifizierungssystem, das bedeutete, dass sich jede Mannschaft aufgrund der neuen jahrgangsgemäßen Zusammensetzung für die tatsächliche Spielklasse qualifizieren musste. Er initiierte Modell-Veranstaltungen, die später sogar vom DFB übernommen wurden. Er dezentralisierte die Lehrgänge und ebnete den Weg für eine gezielte Fortbildung talentierter Spieler. Er kämpfte für einen angemessenen Kostenanteil des Verbandes zur Finanzierung der Jugendarbeit. Er nutzte jede Möglichkeit der öffentlichen Förderung für die sportliche Jugendarbeit.

Er veröffentlichte im „Hessen-Fussball“ unzählige Berichte zur modernen Jugendarbeit und erwies sich in zahlreichen Kommentaren als fachkundiger und souveräner Mitarbeiter. Er organisierte zahlreiche internationale Kontakte und bewährte sich auch als Macher bei der Sportjugend Hessen und der Deutschen Sportjugend. Hier lag ihm die Zusammenarbeit mit Israel besonders am Herzen.

Besondere Highlights für ihn waren:
- der Empfang durch Tel Aviv Bürgermeister, Teddy Kollek und
- 1995 der Empfang durch den damaligen Gouverneur und späteren US-Präsidenten Georg W. Bush
Nicht unerwähnt sollen auch die Kontakte zu anderen europäischen Ländern wie Frankreich und Spanien, aber auch Südafrika sein.

Bei seiner Mitarbeit im Vorstand des HFV beschränkte sich Wolfgang Schlosser keineswegs allein auf Jugendthemen. Mit Nachdruck setzte er sich für viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ein. Er glänzte dabei nicht nur mit verbalen Beiträgen. Oftmals legte er auch ausführliche, wohldurchdachte Exposées vor. Diese Schlosser-Papiere hatten es immer in sich und sorgten für lebhafte Diskussionen.

Die nachfolgenden Bereiche waren ihm auch stets sehr wichtig:
1. Kampf gegen das Auswuchern der Jugend-Spielgemeinschaften
2. Schaffung von Stützpunkten speziell für die Jugend. Einige Jahre später übernahm der DFB dieses Schlosser-Modell.
3. Förderung des Fußballsports in den hessischen Schulen. Hier setzte er ein großzügiges Förderprogramm der Landesregierung gegen den energischen Widerstand einiger Sportlehrer und anderer Sportverbände durch.
4. Impulse setzte er in der Talentförderung, in der Bildungsarbeit sowie in der Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter. Qualifizierte Jugendleiter lagen ihm besonders am Herzen.
5. Im Bereich Sponsoring und Marketing entwickelte er neue Ideen. Sein Grundsatz lautete: Wir dürfen keine Möglichkeit auslassen, um neue Geldquellen zu erschließen.
6. In vielen Fällen erwies er sich als Anwalt der Vereine. Als es beispielsweise darum ging, den Platzverweis auf Zeit einzuführen, versprach er in einer Tagung: Ich werde dieses Thema in den zuständigen Gremien für Euch durchpeitschen!
7. Vieles hat er in einem beispielhaften persönlichen Archiv zusammen getragen. Das Besondere: In seinem Testament hat er ausdrücklich verfügt, dass die große Sammlung dem HFV-Archiv übereignet wird.

Als er sich aus der aktiven Funktionärsarbeit (Ausnahme = Ehrenrat) verabschiedete, kommentierte der „Hinterländer Anzeiger“ zu Recht: „Einer der ganz Großen im hessischen Sport nimmt nach unzähligen Jahren Abschied.“ Schon vor zehn Jahren hieß es im HESSEN-FUSSBALL: „Wolfgang Schlosser ist für den hessischen Fußballsport ein Glücksfall!“ Dem - so meine ich als langjähriger Wegbegleiter – ist nichts hinzu zu fügen! Er hat im wahrsten Sinne des Wortes für den Fußballsport gelebt. Er zählt daher zu den ganz Großen im Hessischen Fußball. Die herausragende Ehrung mit der Benennung dieses Hauses auf seinen Namen hat er mehr als verdient.