21 | Redaktionsgespräch Es ist eine spannende und aufregen- de Zeit. Man gewinnt extrem viele Ein- drücke, sowohl auf- als auch abseits des Platzes. Man lernt andere Länder und Kulturen kennen, in diesem Fall auch eine Flora und Fauna. Für die Mädels gibt es dort extrem viel zu sehen. Was ist die größte Herausforderung bei einem solchen Turnier über einen langen Zeitraum? Es kommt auf das Land, die Kultur und das Umfeld an: Wenn man an das Hotel gebunden ist, ist es schwierig, aber so erfahre ich es aktuell nicht von der WM. Man hat viel Abwechslung, arbeitet auch sehr viel miteinander, aber man hat auch genügend Freizeit für die Din- ge, die einen etwas ablenken oder man kann den Kontakt nach Hause pfl egen. Die Länge des Zeitraums ist weniger das Problem, schon eher die Distanz nach Hause mit der Zeitverschiebung, zum Beispiel, wenn man telefonieren möchte. Spielt es eine Rolle, ob das Turnier zu- hause, in Europa oder am anderen Ende der Welt stattfi ndet? Extrem schwierig fand ich damals bei der U20-Weltmeisterschaft in Papua- Neuguinea die Klimaumstellung. Man hat die ersten beiden Tage nur damit verbracht, in den Zeitrhythmus zu kom- men und mit der Hitze und der Luft- feuchtigkeit umzugehen. Und es bleibt problematisch, wenn man aus klima- tischen Gründen erst ab 17 Uhr trai- nieren kann. Auch wenn in Australien und Neuseeland jetzt Winter ist, wirken doch andere klimatische Bedingungen auf die Mädels ein. Das ist auch eine Belastung, die ein Körper erstmal ver- arbeiten muss. Wie bewerten Sie die Entwicklung des Frauenfußball in den letzten fünf bis zehn Jahren? Da hat sich defi nitiv viel getan. Wenn ich an meine Zeit vor zehn Jahren zu- rückdenke und mit heute vergleiche, sind das meilenweite Sprünge. Aber es ist nach wie vor eine lange Reise und wir sind noch nicht an dem Ziel ange- kommen. Die Euphorie der Großver- anstaltungen wie der letzten Europa- meisterschaft muss weitergetragen werden und die Möglichkeiten, die dadurch entstehen, dass viele Mädels Fußball spielen wollen, müssen um- gesetzt werden. Da müssen sich Verei- ne öff nen und die Fußball-Möglichkei- ten für Mädchen anbieten. Umgekehrt fehlt teilweise auch die Off enheit, als Mädchen bei den Jungs mitzuspielen, weil es auch schwierig ist, sich zu integ- rieren, weil die Akzeptanz noch immer nicht vollständig vorhanden ist, sich aber in den letzten Jahren schon we- sentlich zum Guten gewendet hat. Da- für ist die WM auch ein guter Anlass, das positiv fortzuführen. Frau Matheis, Sie haben sich ent- schieden, von Frankfurt zu Werder Bremen zu wechseln. Was waren Ihre Beweggründe? Ich habe 15 Jahre in Frankfurt beim FFC und Eintracht Frankfurt gespielt und war durch mein Studium (Lehramt Deutsch und Sport für gymnasiale Oberstu- fe, die Red.) an Frankfurt gebunden, da man dabei nicht einfach das Bundesland wechseln kann. Ich habe mich in Frank- furt immer wohl gefühlt, aber der Punkt war erreicht, an dem ich etwas Neues ausprobieren wollte. Im Studium hatte ich alle Kurse absolviert, also dachte ich mir: „Wenn nicht jetzt, dann nie!“. Außer- dem hatte ich nicht viel Spielzeit, was auch an der Motivation kratzt. Ich woll- te Stammspielerin in der Bundesliga sein und die Freude am Fußball wiederfi n- den. Das war auf jeden Fall der richtige Schritt, nach Bremen zu gehen. Können Sie Ihr Studium an der Frank- furter Goethe-Universität dabei wei- terführen? Im Sportstudium hatte ich viele Prä- senzkurse, die ich vor Ort absolvieren musste. Für Deutsch konnte ich mir zwei Kurse aus Bremen anrechnen las- sen. Damit bin ich scheinfrei, habe alle Kurse beendet und schreibe aktuell meine Examensarbeit. Außerdem be- reite ich mich auf mein Staatsexamen im nächsten Jahr vor. Wie läuft es sportlich und persönlich für Sie? Das letzte Jahr war durchwachsen, aber mit einem positiven Ende. Wir haben uns nach der Hinrunde mit sie- ben Punkten über die Rückrunde sehr gut zurückgekämpft. Die Stimmung im Team war trotz der Anspannung im Ab- stiegskampf sehr harmonisch. Wir wa- ren alle sehr fokussiert und haben für ein Ziel gekämpft. Das hat mich faszi- niert, deswegen fühle ich mich super wohl hier im Team. Auch die Stadt Bre- men ist mir ans Herz gewachsen. Sie ist wunderschön und nicht zu groß, man kann in zehn Minuten mit dem Fahr- rad überall hinkommen. Man kann viel erleben und die Luft hier ist auch eine andere als in Frankfurt, das freut mich auch. Ich fühle mich also rundum sehr mag wohl. HESSEN-FUSSBALL 8/2023