ment, den ich wirklich bereue. Im Anschluss trennten sich die Wege mit Jahn Regensburg. Mit meinem Berater und meiner Familie kamen wir zusammen zum Entschluss, dass der Wechsel zu Alzenau am meisten Sinn ergibt. Die Spielpraxis stand im Vordergrund und Alzenau gilt für viele Spieler als Sprung- brett für höhere Ligen. Auch wenn dieser Schritt rückwirkend fußbal- lerisch nicht so förderlich war, wie erhofft, bereue ich diesen nicht. All- gemein bin ich sehr froh, da zu sein, wo ich heute bin und da gehören die schwierigen Zeiten dazu, die mich als Fußballer und Mensch maßgeb- lich geprägt haben. Dann ging es weiter nach Nidda... Das war für den Kopf auch nicht so einfach – zwischen der Unterschrift meines Profivertrages bei Jahn Re- gensburg und dem Wechsel in die Gruppenliga nach Nidda lagen nur zwei Jahre, das ist schon hart. Bei Nidda spielten zu der Zeit all meine Kumpels, weswegen mir der Wech- sel letztendlich leichtfiel. Ich konn- te mich und meinen Fußball wieder neu entdecken, Freude am Kicken verspüren und entsprechend per- formen [Anm. d. Red.: 27 Tore aus 28 Spielen – bester Torschütze der Verbandsliga Hessen Nord]. Parallel habe ich den beruflichen Weg einge- schlagen und meine Ausbildung ab- geschlossen, das Profileben war in die Ferne gerückt. Doch sportlich ging es wieder schnell bergauf. Mit dem neuen Ver- ein FC Gießen stiegen Sie direkt in die Regionalliga auf. Ein erneuter Scheideweg der Karriere? Auf einmal spielt man doch wieder oben mit – dann fängt’s im Kopf wie- der an zu rattern. Wird es doch noch was mit dem Profifußball? Auch wenn wir mit Gießen nicht so erfolg- reich in der Liga waren, wäre es ge- logen, wenn ich behaupten würde, dass der Gedanke nicht zumindest kurz da gewesen ist. Schlussendlich ging es dann doch wieder etwas tie- fer weiter. Seit 2019 spielen Sie für Türk Gücü Friedberg, der Vertrag läuft bis 2027. Was sind Ihre schönsten und schmerzhaftesten Erlebnisse bei Türk Gücü Friedberg? Spontan fallen mir zwei prägende Ereignisse ein: Das Krombacher- Hessenpokal-Finale 2024 in Frank- furt gegen Kickers Offenbach [Anm. d. Red. 3:2-Niederlage, Michel trifft zum frühen 0:1 in der 4. Spielminu- te]. Das war ein absolutes Highlight vor knapp 9.000 Fans – gleichzeitig ein trauriger Moment, da die Sen- sation zum Greifen nah war. Doch schlussendlich standen wir mit lee- ren Händen da. Trotzdem blicke ich positiv auf das Endspiel zurück, weil das für den Verein, den Spielern, Fans und Ehrenamtlichen und von der Strahlkraft her einmalig war. Das Ganze wäre nur noch mit einem Sieg zu toppen gewesen. Prägend waren auch die zwei verlorenen Re- legationsrunden für die Regionalliga Südwest. Gerade vergangene Sai- son waren wir denkbar nah dran [1. Spiel 6:0-Heimsieg über 1. FCK II, 2. Spiel 2:3-Auswärtsniederlage beim TSG Balingen]. Doch es fehlte auch da das I-Tüpfelchen, welches diese Momente perfekt gemacht hätte. Sie haben die zweite Torjägerkano- ne in Folge gewonnen, sind stark wie nie. An ihrer Seite spielt Sturm- kollege Toni Reljic, der diese auch schon mal gewonnen hat. Sie legen sich gegenseitig Tore auf, treffen selbst und verbessern sich gegen- seitig. Wieso funktioniert das so gut? Das Geheimnis ist für mich, dass Toni und ich uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch menschlich ex- trem gut verstehen. Zudem kenne ich seine Bewegungsabläufe und er meine – gewissermaßen ver- stehen wir uns blind. Und was hin- zukommt: Wenn wir zusammen als Doppelspitze aufgestellt werden, dann ist es für die gegnerischen Ab- wehrspieler noch schwieriger, weil sie sich auf zwei Top-Stürmer ein- stellen müssen und das wissen wir auszunutzen. Ich hoffe, dass Toni noch lange im Verein bleibt und wir weiterhin zusammen stürmen. Die Verbindung mit ihm ist einzigartig. Es ist mir aber auch wichtig, das ganze Team zu erwähnen. Wenn wir nicht so großartige Teamkollegen auf dem Platz hätten, die uns in per- fekten Bedingungen absichern, wä- ren wir beide nicht so erfolgreich. Das kommt in so mancher Bericht- erstattung oft zu kurz. Ein Geheimnis könnten Sie zum Ende noch für uns lüften: Wie kam es zu Ihrem Torjubel? Steckt da eine Geschichte dahinter? Schließlich wurden Sie auch aufgrund der Gerd- Müller-Imitation „Bomber des Burg- felds“ getauft. Es mag nicht der ästhetischste Ju- bel sein, wenn ich mein Trikot in die Hose stecke und diese hochziehe *lacht*. Tatsächlich kam der Jubel bei meiner Zeit in Nidda zustande, als wir „Schneller Sechzehner“ nach dem Training spielten. Es verliert am Ende immer ein Spieler und wir haben uns angewöhnt, diese Sieger- pose vor dem Verlierer zu machen. Das haben wir dann im Spiel über- nommen, seitdem ist das geblieben. Tatsächlich finde ich es lustig, was daraus gemacht wurde, da zunächst der Bezug zu Gerd Müller gar nicht bestand. Damals haben eigentlich alle Spieler so gejubelt, davon ha- ben wir uns inspirieren lassen. Der Spitzname ist natürlich eine Ehre, aber das ist mir eher gleichgültig. Wenn man auf die Statistiken schaut, könnte auch Toni [Reljic] so genannt Ernest de Champris werden. 21 | HESSEN-FUSSBALL 5/2025