35 | Region Wiesbaden Als Henry Kissinger Alarm auslöste: Plötzlich schien er verschwunden. Henry Kissinger, 1998 Gast beim DFB-Bun- destag in Wiesbaden, war nach dem Festakt im Staatstheater nicht mehr zu se- hen. Der damalige DFB-Präsident Egidius Braun schlug Alarm, Polizeieinsatzlei- ter Manfred Tecl schickte fünf, sechs Beamten zur Suche. Helmut Herrmann, seinerzeit Wiesba- dens Kreisfußballwart, begab sich eben- falls eilig nach draußen, um den frühe- ren US-Außenminister mit deutschen Wurzeln und dem Faible für den Fuß- ball auf dem Bowling Green stehend zu entdecken. „Er hat sich einfach nur alles angeschaut. Wir sind dann gemeinsam zurückgegangen und haben miteinan- der gesprochen. Er hat sich für die Bun- desliga interessiert – so etwas vergisst man nicht“, erinnert sich Herrmann, der seinen 80. Geburtstag feiert, an diesen ganz besonderen Augenblick. Auf jeden Fall war der DFB-Bundes- tag, an dessen Vorbereitung er tatkräf- tig mitgewirkt hatte, ein Meilenstein in der äußerst bewegten Fußball-Vita des Dotzheimers, der als Straßenfußballer beim TuS Dotzheim den Weg in den Ver- ein fand und unter Trainer Gerd Klim- meck in der Spielzeit 1959/60 zum Meis- terteam zählte, das den Sprung von der A- in die Bezirksklasse geschaff t hatte. „Die Begeisterung war früher größer. Da ist kaum einer in Urlaub gefahren, aber alle sind auf den Sportplatz gegangen. Das Zusammengehörigkeitsgefühl war weitaus größer“, blickt er zurück. Helmut Herrmann, seinerzeit als „Halblinker“ im Mittelfeld zuhause, suchte zur Saison 1964/65 die Heraus- forderung beim FV Biebrich 02, erlebte im Hessenliga-Derby gegen den SVW vor 8000 Zuschauern mit dem per Ab- stauber erzielten Treff er zum 1:1-End- stand gleich eine Premiere nach Maß. Es war die letzte Saison von Jürgen Grabowski im Biebricher Trikot vor dem Wechsel zur Frankfurter Eintracht. Was nichts daran änderte, dass sich zwi- schen Herrmann und „Grabi“ eine bis heute andauernde enge Freundschaft entwickelte. Kreis Limburg-Weilburg: Sonntag, bestes Fußballwetter, 11 Uhr und super Geläuf. Was will man mehr nach einer so langen Pause? Der Ball rollt wieder, auch wenn es bei dieser Ver- anstaltung etwas langsamer zugeht als bei dem bekannten Fußball. Gehfußball heißt die neue Spielform, welche den Breitensport bereichert. Eine Alternative für all die, bei denen der Körper keine intensiven Zwei- kämpfe oder Sprints zulässt. Egal ob Mann oder Frau, egal ob alt oder jung. Dies konnten sich die Vereine des Krei- ses Limburg-Weilburg Mitte Juli auf dem Rasenplatz der TuS 1945 Kubach anschauen und ausprobieren. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Kreisfußballausschuss Limburg- Weilburg zusammen mit der TuS Ku- bach, die bereits seit über einem Jahr die Abteilung Gehfußball ins Leben gerufen haben. Nach einem Zukunfts- workshop des Vereins zusammen mit dem HFV in Grünberg organisierte Ro- ger Heil kurzerhand ein erstes Trai- ning, welches seitdem eine große Be- teiligung erfährt. Die Alternative sprach sich schnell herum, sodass auch weite- re Fußballer von anderen Vereinen nun Montags zum Training in Kubach er- scheinen. Geleitet wurde die Demo-Veranstal- tung, bei der gut 20 aktive Spieler und Spielerinnen aus dem ganzen Landkreis aktiv mitspielten, von den HFV-Referen- ten Werner Abraham und Caja Zohren. Zu Beginn gab es eine detaillierte Re- gelschulung der beiden Referenten, ehe Zohren ein dem Gehfußball entspre- chendes Aufwärmprogramm startete. Im Anschluss wurde direkt gespielt. Auf Kleinfeld, ohne Torwart mit begrenzten Grund genug für den jetzigen Wies- badener Ehrenfußballwart, auch noch stets den Fokus auf den Profi fußball, sprich auf die Eintracht, zu richten, ob- wohl er die Auswüchse in den höchs- ten Klassen überhaupt nicht nachvoll- ziehen kann. Den Ansatz, dass der Kreis Wiesbaden nach der langen Corona- Pause zunächst mit einer gewohnten Hin- und Rückrunde plant, statt auf al- ternative Modelle zu setzen, fi ndet er nachvollziehbar und befürwortet aus- drücklich die Wiedereinführung der Zehn-Minuten-Zeitstrafe. Abschaff en würde er die Winterwechselperiode, und auch von der Option der bis Ende August möglichen Verpfl ichtung eines Spielers als Vertragsamateur hält Hel- mut Herrmann nichts. Die Freude am Fußball wird er sich aber auch in Zukunft nicht nehmen las- sen – ob beim Blick auf die Nationalelf („Hansi Flick hat bei den Bayern super Arbeit geleistet“), auf die Eintracht oder natürlich auch auf das Geschehen bei den Amateuren, deren Interessen er als Kreisfußballwart von 1993 bis 2008 und im Verbandsspielausschuss (1996 bis 2008) so lange mit Herzblut und Hart- näckigkeit vertreten hat. Stephan Neumann (Wiesbadener Kurier) Torraum, der weder von der verteidigen- den noch von der angreifenden Mann- schaft betreten werden darf. Einfach ist es dennoch nicht, denn gerade Fußballer*innen fällt es schwer, nicht den Sprint anzuziehen, um schneller an den Ball zu kommen. Caja Zohren unterbrach das eine oder ande- re Mal das Spiel, um die Regeln am Bei- spiel zu erklären. Der Gehfußball gewinnt immer mehr an Präsenz und ist eine ech- te Möglichkeit, auch die langjährigen Vereinsmitglieder und älteren Spieler im Verein aktiv zu halten. Auch einige Bundesliga-Klubs haben bereits eine Gehfußball-Abteilung. Ziel des HFV ist es, in Zukunft auch Turniere oder Spie- le auszutragen. Weitere Informationen gibt es auf der HFV-Webseite. Fabio Sinick Region Wiesbaden Ansprechpartner: Johannes Lahr Greiff enclaustraße 64 65375 Oestrich-Winkel Mobil 0174 9127067 Mail johannes.lahr1999@googlemail.com HESSEN-FUSSBALL 8/2021