23 | Jugend Servicethema Spielbetrieb, Teil 2: Aufsichtspfl icht ist kein Hexenwerk Nach dem ersten Teil zu diesem Thema im Novemberheft folgt nun der zweite Abschnitt. Für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Aufsichtspfl icht lassen sich vier Pfl ichten unterscheiden, die nicht isoliert zu sehen sind, sondern ihren Sinn nur im Gefüge des gesamten Systems erfüllen. 1. Pfl icht zur Information, das heißt, sich kundig machen über die Gruppe und die Rahmenbedingungen Jugendleiter haben sich zu Beginn einer Veranstaltung (Fahrt, Freizeit) oder beim regelmäßigen Training laufend über die persönlichen Ver- hältnisse der Aufsichtsbedürftigen zu informieren. Das heißt, ihnen sollten Umstände, die in der Person des Auf- sichtsbedürftigen wurzeln und für die konkrete Gestaltung der Aktivität generell wichtig sind oder im Einzel- fall wichtig sein können, bekannt sein, zum Beispiel Behinderungen, Krank- heiten, Nichtschwimmer et cetera. Außerdem muss der Jugendleiter die Besonderheiten der örtlichen Um- gebung kennen, d. h. alle Umstände, die in der örtlichen Umgebung des Aufenthalts der Gruppe wurzeln, sei es, dass diese Umstände vom Jugend- leiter beziehungsweise der Gruppe beeinfl usst werden können oder nicht, zum Beispiel Sicherheit von Gebäude und Gelände, Notausgänge, Sicherheit möglicher Sport- und Spielgeräte, Ers- te-Hilfe-Material, Notrufmöglichkeit und so weiter. Der Jugendleiter hat sich durch Beobachtung und eventuell Befragungen einen raschen persönli- chen Eindruck von den Anvertrauten sowie darüber zu verschaff en, welchen Gefahren die Aufsichtsbedürftigen während der Veranstaltung ausge- setzt sind. Nur so ist es möglich, Risiko- potenziale vorausschauend zu erken- nen und Gefahren beziehungsweise Schäden präventiv zu begegnen. 2. Pfl icht zur Vermeidung von Gefah- renquellen Der Jugendleiter ist verpfl ichtet, selbst keine Gefahrenquellen zu schaff en sowie erkannte Gefahrenquellen zu unterbinden, wo ihm das auf einfache Art und Weise möglich ist. Von der An- zahl der vorhandenen und drohenden Gefahrenquellen hängt ganz entschei- dend das Maß der tatsächlichen Beauf- sichtigung ab. Wenn es dem Jugend- leiter gelingt, einzelne Risiken ganz auszuschalten, muss er sich um diese schon nicht mehr kümmern. 3. Pfl icht zur Warnung vor Gefahren Von Gefahrenquellen, auf deren Eintritt oder Bestand der Jugendleiter keinen Einfl uss hat, sind die Aufsichtsbedürf- tigen entweder fernzuhalten (Verbote), zu warnen oder es sind ihnen Hinwei- se zum Umgang mit diesen Gefahren- quellen zu geben. Die Warnungen und Erklärungen sind in ihrer Ausdrucks- weise und Intensität altersgerecht so zu gestalten, dass sie von den Aufsichts- bedürftigen verstanden werden. Bei jüngeren Kindern hat sich der Jugend- leiter durch Nachfragen zu versichern, ob seine Hinweise verstanden wurden; gegebenenfalls sind diese zu wieder- holen. Der Umgang mit ungewohnten Gegenständen, zum Beispiel Werkzeug, ist vorzuführen. Der Jugendleiter hat insgesamt den Eindruck zu vermeiden, dass Verbote zum Selbstzweck werden. Er soll die sachlichen Gründe, die ihn zu einem Verbot bewogen haben, trans- parent machen, so dass Hinweise und Verbote nicht als „Befehle“ empfunden werden. Nur so ist auch die Beachtung und Befolgung gewährleistet. 4. Pfl icht, die Aufsicht zu führen (An- weisungen geben, kontrollieren, durchsetzen) Hinweise, Belehrungen und Verbo- te werden aber in den meisten Fällen nicht ausreichen. Der Jugendleiter hat sich daher stets zu vergewissern, ob diese von den Aufsichtsbedürftigen auch verstanden und befolgt werden. Dies ist die Verpfl ichtung zur tatsäch- lichen Aufsichtsführung. Eine ständige Anwesenheit kann dabei nicht in jedem Fall, wohl aber bei Kindern bis zu fünf oder sechs Jahren gefordert werden. Der Jugendleiter muss aber ständig wissen, wo die Gruppe ist und was die Teilne hmer gerade tun. Hierüber muss er sich in regelmäßigen Abständen ver- sichern. Im Allgemeinen kommt ein Ju- gendleiter dann seiner Aufsichtspfl icht nach, wenn er die „nach den Umstän- den des Einzelfalls gebotene Sorgfalt eines durchschnittlichen Jugendleiters“ walten lässt. Das Maß der Aufsichtspfl icht hängt da- her von vielen Faktoren ab: – Faktoren in der Person der Minder- jährigen (Alter, Eigenart, Charakter, persönliche Reife, Verhaltensauf- fälligkeiten, Krankheiten); Gruppen- verhalten der Minderjährigen (Grup- pengröße, Zeit des Bestehens der Gruppe, Zusammensetzung) – Faktoren in der Person des Jugend- leiters bzw. der Jugendleiterin (An- zahl, Kenntnisse und Fähigkeiten, pädagogische Erfahrung, Alter, Grad der Vertrautheit, der Bekanntheit) – Örtliche Gegebenheiten – Gefährlichkeit der Beschäftigung (Art der Spiele, Art der Spiel- und Sportgeräte, Art der Veranstaltung) (Abge- schlossenheit des Geländes, Verhal- ten auf Wegen, auf dem Sportplatz, in der Nähe von Gewässern, mög- liche Gefahrenquellen wie Steinbrü- che, Hochgebirge, hoher Schnee, Gewässer etc.). Sebastian Sauer HESSEN-FUSSBALL 12/2018