Was im Herbst 2024 mit dem Bild eines „kleinen Funkens“ begann, hat sich inzwischen zu einem breit getragenen, strategischen Prozess im Hessischen Fußball-Verband (HFV) entwickelt. Der Funke – ein Symbol für Aufbruch und Neuanfang – hat eine Glut entfacht, die nun systematisch genutzt wird, um Zukunft zu gestalten. Aus der Idee wurde ein Verfahren, aus Impulsen ein Fundament für langfristige Entwicklung. Der Strategieprozess des HFV nimmt konkrete Gestalt an – und steht beispielhaft für eine neue Kultur der Zusammenarbeit, Verantwortung und Offenheit.
Im Zentrum steht der Wille, den Verband nicht nur zu verwalten, sondern aktiv zu gestalten – gemeinsam, beteiligungsorientiert und auf Basis klar definierter Strukturen. „Veränderung beginnt immer mit dem Zuhören“, beschreibt Präsidentin Prof. Dr. Silke Sinning den Charakter des Prozesses. „Deshalb war es für uns entscheidend, nicht von oben herab Zielvorgaben zu definieren, sondern die Themen aus den Ausschüssen, Gremien und Bereichen aufzunehmen und gemeinsam weiterzudenken. Das ist Ausdruck unseres neuen Führungsverständnisses.“
Bereits in einer frühen Phase des Strategieprozesses setzte das neu gewählte BGB-Präsidium ein klares Zeichen für Transparenz und Dialogorientierung. Im November 2024 besuchten die Präsidiumsmitglieder die beiden HFV-Standorte in Grünberg und Frankfurt, um sich vor Ort mit den hauptamtlich Mitarbeitenden auszutauschen. Dabei standen nicht nur ein vertieftes Verständnis für die vielfältigen Arbeitsabläufe im Mittelpunkt, sondern insbesondere der persönliche Dialog und die Wertschätzung für die geleistete Arbeit. Die Besuche unterstrichen den Anspruch, strategische Entwicklung als gemeinsamen Prozess zu verstehen – geprägt von gegenseitigem Vertrauen, offener Kommunikation und partnerschaftlicher Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Parallel dazu wurde das Präsidium in ein strukturiertes Onboarding eingebunden. In insgesamt neun Terminen erhielten die Mitglieder des BGB-Präsidiums detaillierte Einblicke in die Aufgaben, Herausforderungen und Perspektiven der Ausschuss- und Fachbereiche. Dieser strukturierte Wissensaufbau diente nicht nur der Orientierung, sondern ist Ausdruck eines Verständnisses von Führung, das auf Transparenz, Austausch und Vertrauen setzt.
„Wir gestalten den Verband nicht nur als Fußballorganisation, sondern auch als Arbeitgeber, Bildungseinrichtung und gesellschaftlichen Akteur“, unterstreicht Schatzmeister Andre Stenda. „Das erfordert professionelle Strukturen, aber auch den Mut zur Veränderung. Der Strategieprozess zeigt, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen – mit einem klaren Weg und einem offenen Ohr.“
Im Zentrum des Prozesses standen von Beginn an die Fachbereiche – Spielbetrieb, Ehrenamt, Freizeit- und Breitensport, Frauen- und Mädchenfußball, Gesellschaftliche Verantwortung, Schiedsrichterwesen, Jugend, Qualifizierung, Verbandsentwicklung und Schulfußball. In intensiven Arbeitsphasen entwickelten diese eigene Strategiepapiere mit klar definierten Zielen, Maßnahmenvorschlägen und einer Einschätzung der erforderlichen Ressourcen.
So wird beispielsweise im Bereich Freizeit- und Breitensport daran gearbeitet, den mit dem DOSB-Siegel „Sport Pro Gesundheit“ ausgezeichneten und als Präventionssport anerkannten Gehfußball als Reha-Sport zu etablieren, um gesundheitliche Teilhabe und soziale Integration gleichermaßen zu fördern. Im Bereich Schulfußball wird zudem an einer praxisnahen Ausgestaltung der Aufsichtsverordnung für den schulischen Ganztag, in Kooperation mit HMKB und lsb h gearbeitet – mit dem Ziel, die Zugangsvoraussetzungen zur Leitung außerunterrichtlicher Fußballangebote vor dem Hintergrund des Ganztagsförderungsgesetzes ab 2026 realistisch und umsetzbar zu gestalten. Gleichzeitig soll die Talentförderung durch die Weiterentwicklung regionaler Strukturen intensiviert werden.
Auch in anderen Bereichen sind die Impulse vielfältig: Die Trainerausbildung soll künftig noch flächendeckender, bedarfsgerechter und weiterhin qualitativ hochwertig aufgestellt werden. Im Spielbetrieb wird an flexibleren Strukturen gearbeitet, die sich besser an regionale Gegebenheiten anpassen lassen. Der Schiedsrichter*innen-Bereich und die Sportgerichtsbarkeit richten ihren strategischen Fokus darauf, das Spielumfeld durch gezielte Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt, Diskriminierung und rassistischen Vorfällen nachhaltig zu stärken und ein respektvolles Miteinander auf und neben dem Platz zu fördern. Nicht zuletzt wurde mit der Entwicklung einer langfristigen Strategie für den HFV-Standort Grünberg ein zukunftsweisendes Projekt angestoßen, das Infrastruktur, Sportschule und Sporthotel zusammenführen soll. All diese Ansätze stehen exemplarisch für die Vielfalt der Themen – und für das gemeinsame Ziel, den hessischen Fußball nachhaltig zu stärken.
Im Frauen- und Mädchenfußball profitiert der HFV von bereits geleisteter Vorarbeit: Im Rahmen des bundesweiten Programms „DFB-ASSIST“ wurde im vergangenen Jahr eine umfassende Strategie erarbeitet, die nun im HFV gezielt Anwendung findet. Diese legt den Fokus auf strukturelle Weiterentwicklung, Förderung weiblicher Führungspersönlichkeiten und eine deutliche Sichtbarkeit weiblicher Akteurinnen im Verband. Die entwickelten Maßnahmen werden dabei nicht isoliert, sondern eng mit anderen Themenfeldern wie Kommunikation, Qualifizierung und Ehrenamt verzahnt. Die geplante Umsetzung eines Kommunikationskonzepts ist dabei ein Baustein von vielen – eingebettet in eine bereits vorhandene, strategisch konsolidierte Grundlage.
Ziel war es nicht, Parallelstrukturen zu schaffen, sondern in den Fachbereichen vorhandene Ideen zu bündeln, sichtbar zu machen und strategisch anschlussfähig zu gestalten.
Der nächste Meilenstein im Strategieprozess war die Klausurtagung des Präsidiums im März 2025. Bei diesem Treffen wurden die zuvor in den Fachbereichen entwickelten Ziele zusammengeführt, intensiv diskutiert und in ein gemeinsames strategisches Gerüst überführt. Das Ergebnis war eine systematische Bündelung von über 50 Zielsetzungen, die in sechs strategische Kategorien eingeordnet wurden. Diese fungieren seither als strukturierender Rahmen für die laufende Amtsperiode und als Plattform für bereichsübergreifende Zusammenarbeit.
Die Kategorien umfassen die Handlungsfelder Spielbetrieb, Soziale Themen, Digitalisierung, Kommunikation und interne Struktur, Gewinnung und Bindung von Mitwirkenden sowie die jeweils relevanten Ausschuss- und bereichsspezifische Ziele. Diese thematische Gliederung erfüllt gleich zwei Funktionen: Zum einen soll sie die strategische Anschlussfähigkeit zwischen den Bereichen erleichtern, zum anderen aber auch Raum für fachliche Tiefe lassen. Denn viele der Herausforderungen, mit denen sich der Verband konfrontiert sieht – etwa Digitalisierung, Ehrenamtsgewinnung oder Kinderschutz – betreffen nicht nur einen einzelnen Bereich, sondern mehrere Ebenen gleichzeitig. Die neue Struktur ermöglicht es, diese Themen gezielt und abgestimmt zu bearbeiten, ohne dabei die Eigenständigkeit der Fachressorts einzuschränken.
„Wir sehen in dieser Vorgehensweise die Chance, unsere Strukturen resilienter zu machen“, betont Vizepräsident Sascha Schnobrich. „Besonders bei Querschnittsthemen wie dem Umgang mit Gewalt im Fußball oder dem Schutz von Kindern ist es entscheidend, dass die Beteiligten aus unterschiedlichen Ressorts miteinander abgestimmt arbeiten. Diese Kategorien erleichtern das.“
Zugleich wurde deutlich gemacht: Die Kategorien ersetzen keine Fachlichkeit, sie bündeln sie. Jeder Fachbereich behält seinen Gestaltungsfreiraum – was zählt, ist die gezielte Unterstützung und Abstimmung, um in der strategischen Umsetzung effizienter zu arbeiten. „Wir haben bewusst darauf verzichtet, einzelne Ziele in den Mittelpunkt zu stellen“, sagt Dr. Axel Poth. „Denn was heute eine fachliche Idee ist, kann morgen ein Impuls für andere Bereiche sein. Unsere Aufgabe ist es, diese Potenziale sichtbar zu machen, und die Kategorien bieten dafür den passenden Rahmen.“
Diese Struktur bedeutet keine Einschränkung, sondern eine Erweiterung des Handlungshorizonts: Fachthemen sollen sich entwickeln können, ohne in isolierten Silos zu verbleiben. Gleichzeitig entsteht durch die Kategorisierung eine übergeordnete Steuerungsfähigkeit – ein Aspekt, der in einem so vielfältigen Verband wie dem HFV zentral ist.
„Wir wollen Synergien nutzen, Doppelarbeit vermeiden und den Fachbereichen gezielt zuarbeiten, indem wir Themen dort verorten, wo sie inhaltlich am besten aufgehoben sind – zum Beispiel bei der Digitalisierung oder in bereichsübergreifenden Themen wie der Gewinnung von Ehrenamtlichen“, erklärt Nicolas Fink, Geschäftsführer Finanzen und Wirtschaft. „Gleichzeitig behalten wir die individuelle Stärke jedes Bereichs im Blick. Es geht um ein strategisches Miteinander – nicht um Vereinheitlichung um ihrer selbst willen.“
Ein zentrales Element für die nächste Phase ist die Benennung sogenannter „Head-of“-Funktionen. Diese Personen übernehmen innerhalb der sechs strategischen Kategorien eine koordinierende Rolle. Sie fungieren als Schnittstellen zwischen Präsidium, Geschäftsführung, Ausschüssen und Fachbereichen sowie zwischen Ehren- und Hauptamt. Ihre Aufgabe besteht darin, Themen zu strukturieren, Entwicklungsstände transparent zu halten und Fortschritte voranzutreiben.
Dabei geht es explizit nicht um Hierarchisierung oder Kontrolle, sondern um Ermöglichung und Abstimmung. Die strategische Verantwortung wird geteilt gedacht – als kollektiver Prozess, der viele Schultern trägt. Die Head-of-Funktionen stellen sicher, dass sich der Strategieprozess nicht im Detail verliert, sondern strukturell verbunden bleibt.
Zwischenberichte
Gleichzeitig wurde ein weiteres zentrales Instrument eingeführt: regelmäßige Zwischenberichte. Diese werden viermal jährlich erstellt und dem Präsidium, dem Verbandsvorstand sowie dem Aufsichtsrat vorgelegt. Sie dienen nicht der Außendarstellung oder öffentlichen Kommunikation, sondern der internen Abstimmung, Transparenz und gemeinsamen Steuerung innerhalb des Verbandssystems.
Ziel ist es, Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, Schnittstellen zwischen Verband, Fußballkreisen und Ausschüssen besser zu koordinieren und auf dieser Basis fundierte Entscheidungen zu ermöglichen.
„Wir sehen den Zwischenbericht nicht als Kontrollinstrument, sondern als Plattform für Austausch und Weiterentwicklung“, erklärt Dr. Axel Poth. „In einem so vielfältigen Verband wie dem HFV brauchen wir klare Kommunikationsstrukturen, aber auch die Offenheit, Zwischenschritte zu reflektieren und gemeinsam zu lernen.“
Erste Rückmeldungen aus den Fachbereichen zeigen, dass dieses neue Instrument als hilfreich und sinnstiftend empfunden wird. Der Austausch zwischen strategischer Ebene und Alltagspraxis wird erleichtert, Entscheidungsprozesse werden nachvollziehbarer. „In einem Verband unserer Größe ist es essenziell, Informationen systematisch aufzubereiten und regelmäßig zu kommunizieren“, ergänzt Benjamin Koch. „So schaffen wir es, dass sich alle Mitarbeitenden als Teil des strategischen Prozesses begreifen.“
Wie geht es weiter?
Der HFV hat sich bewusst gegen ein statisches Strategiepapier entschieden – und stattdessen für einen offenen, iterativen Prozess, der stetig angepasst und weiterentwickelt werden kann. Die Strategie lebt von Reflexion, Beteiligung und dem Mut, auch Umwege zuzulassen.
Dies zeigt sich auch in der Herangehensweise: Der Fokus liegt nicht allein auf großen Projekten, sondern ebenso auf kleineren, pragmatischen Schritten mit spürbarer Wirkung. Ob durch neue Veranstaltungsformate, angepasste Qualifizierungsangebote oder digital gestützte Prozesse – all diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Arbeit der Engagierten vor Ort zu erleichtern und die strategische Entwicklung im Alltag erfahrbar zu machen.
„Wir verstehen uns als lernenden Verband“, fasst Präsidentin Silke Sinning abschließend zusammen. „Das bedeutet: zuhören, ausprobieren, evaluieren – und auch bereit sein, Dinge wieder zu verändern, wenn sie nicht zum Ziel führen. Für uns ist das kein Zeichen von Unsicherheit, sondern von Haltung. Wer Verantwortung übernehmen will, muss sich weiterentwickeln.“
Der Strategieprozess ist kein Projekt mit Enddatum – er ist ein Entwicklungsrahmen, der den Verband beweglich hält. Getragen von vielen, quer durch Haupt- und Ehrenamt, fachlich fundiert und strategisch begleitet. Er steht für eine neue Art des Miteinanders, für Mut zur Struktur und für Vertrauen in Beteiligung.
Der kleine Funke aus dem Herbst 2024 ist nicht erloschen. Im Gegenteil: Er brennt weiter – nicht als Strohfeuer, sondern als strategisch gelenktes Lichtsignal für gemeinsames Handeln im hessischen Fußball.
Vom Funken zum Prozess: Wie der HFV gemeinsam Zukunft gestaltet
27. April 2025
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