Sportlehrerin Derya Kaya: „Es geht um Leidenschaft, Spaß und Bewegung“

11. April 2023 · Top-News · von: mag

Derya Kaya ist Lehrerin für die Fächer Englisch, Erdkunde und Sport an der Sophie-Opel-Schule in Rüsselsheim. Im Rahmen der Kick-off-Veranstaltung der HFV-Kampagne Schule – Vereine – Fußball erzählte sie in Darmstadt davon, wie sie dazu kam, eine Mädchenfußball-AG zu gründen. Im HESSEN-FUSSBALL beschreibt sie ihre Erfahrungen mit diesem Projekt.

Foto: privat

Hallo Frau Kaya, wie kam Ihr erster Kontakt zum Fußballsport zustande?
Ich bin in einem Umfeld mit wesentlich mehr Jungs als Mädchen aufgewachsen. Ich bin ein Kind der 90er Jahre. Es gab keine Smartphones, das Leben hat draußen stattgefunden. Wir haben im Innenhof immer Fußball gespielt. Später habe ich mich für ein Schnuppertraining bei Viktoria Kelsterbach überzeugen lassen und bin auch direkt dabei geblieben. Nach zehn Jahren fand sich leider kein Trainer mehr, so dass die Mannschaft aufgelöst wurde. Nach zwei weiteren Kurzzeitstationen bei weiteren Vereinen rückte der Vereinsfußball während des Studiums etwas in den Hintergrund.

Der Sport begleitet Sie auch beruflich. Welche Tätigkeiten im Sport haben Sie bereits in Angriff genommen?
Nach dem Abitur habe ich ein freiwilliges soziales Jahr bei der Sportjugend Hessen absolviert und habe in diesem Zuge auch meine Trainerlizenz erworben. Der Sport begleitet mich also mein ganzes Leben. So konnte ich auch Sportangebote unterbreiten und Sport unterrichten. Ich bin Lehrerin und leite seit diesem Schuljahr eine Fußball-AG für Mädchen. Jetzt habe ich die Perspektive von der Spielerin zur Trainerin gewechselt.

Wie kamen Sie auf die Idee, eine Mädchenfußball-AG in Ihrer Schule zu gründen?
Ich wollte schon immer eine AG leiten. Da ich selbst Fußball gespielt habe, kam für mich eine Fußball-AG in Frage. Nach Gesprächen mit Kollegen habe ich der Schulleitung eine Mädchenfußball-AG vorgeschlagen. Das wurde genehmigt und den Schülerinnen angeboten. Vorher gab es kein solches Angebot. Diese Mädchenfußball-AG ist auch ein Teil des DFB-Projektes „Gemeinsam am Ball“. Dabei geht es um die Kooperation zwischen Verein und Schule. Dazu passt auch, dass ich seit Oktober Co-Trainerin der C-Juniorinnen beim SC Opel Rüsselsheim bin.

Sind diese Stunden mit einem Fußballtraining im Verein zu vergleichen oder geht es nur um das Spielen?
Man kann das Vereinsfußball schwer vergleichen, da es hier keinen Druck gibt. Es geht nicht darum, dass Spiele oder eine Meisterschaft gewonnen werden muss. Die Teilnehmerinnen würden am liebsten nur spielen, aber ich baue auch unterschiedlichen Übungen mit ein. Hier geht es um die Leidenschaft, den Spaß, die Bewegung und die fußballerische Weiterentwicklung.

Was können Sie über den Zulauf sagen: Wie viele Teilnehmerinnen sind regelmäßig dabei?
Es sind 15 Mädchen angemeldet. Aber manche haben die AG nur als Zweitwahl gewählt und stehen nicht voll dahinter. Ich zwinge niemanden zur Teilnahme. Für mich geht es darum, dass diejenigen die kommen, Spaß haben und bis zum Ende spielen möchten.

Sind diese Spielerinnen auch in Vereinen aktiv? Und falls ja: Kommen Sie von den Vereinen in die AG oder umgekehrt?
Das ist natürlich das Ziel, dass die Mädchen von der AG in die Vereine gehen. Bei manchen ist das auch so. Wir möchten gerne, dass sich die Teilnehmerinnen noch stärker für den Fußball interessieren und sich auch bei einem Verein anmelden und spielen, um das Hobby zu intensivieren. Ich biete auch an, diesen Vorgang zu begleiten.

Was sehen Sie als Mehrwert für die Schülerinnen, die an der AG teilnehmen?

Das ist natürlich individuell anzusehen. Die Schülerinnen kommen aus unterschiedlichen Beweggründen in die AG. Mir geht es darum, dass die Schülerinnen mehr Zeit draußen und mit Bewegung verbringen. Ansonsten läuft die Freizeit doch oft zuhause vor dem Handy, dem Fernseher oder Computer ab. Das ist eine tolle Sache, wenn man freiwillig in der Schule bleibt und sich sportlich betätigt. Ich gehe auch gerne mit meiner Leidenschaft für den Fußball voran, ich freue mich jedes Mal auf die AG-Stunde! Für die Teilnehmerinnen ist eine fußballerische Weiterentwicklung gut, dadurch wird auch das Selbstbewusstsein gestärkt. Mit der eigenen erreichten Qualität setzen sie auch ein Statement: „Wir können es auch!“

Was sehen Sie als Mehrwert für die Lehrenden einer solchen AG?
Vor einigen Wochen wurde vor der AG-Stunde noch eine Konferenz angesetzt. Die Konferenz wurde überzogen, so dass ich zwanzig Minuten zu spät kam. Ich rannte zur Halle und befürchtete, dass die Teilnehmerinnen nach Hause gegangen sind, aber es haben alle auf mich gewartet, obwohl sie nicht wussten, ob und wann ich kommen würde. Normalerweise warten Schüler*innen nicht länger als zehn Minuten, aber in diesem Fall blieben alle da und rannten dann sofort in die Halle, als ich dort war. Teilweise kommen auch Schülerinnen, deren parallel angesetzten AGs ausfallen und fragen, ob sie mitmachen dürfen. Das ist für mich der Mehrwert und eine erfreuliche Bestätigung!

Was sehen Sie als Mehrwert für die Schulen?
Die Schüler sollen möglichst viel Zeit in der Schule verbringen, das ist das Ziel der Schule. Nach den Osterferien wird unser Ganztagsgebäude eröffnet, mit Mensa und Bibliothek. Dort sollen die Schüler*innen verweilen und als Lernort nutzen. Durch AGs und attraktive Angebote am Nachmittag soll das Image von der Schule, von der man früher so schnell wie möglich weg mochte, verbessert werden. Die Schüler*innen sollen sich auf den Aufenthalt in der Schule freuen und die Schule als etwas Positives wahrnehmen.

Was sehen Sie als Mehrwert für die Vereine?

Das ist das Ziel, dass möglichst viele Schülerinnen, die Lust auf Fußball haben, auch in Vereine eintreten und dort weiter Fußball spielen. Das ist aktuell auch in einem Fall gelungen, dass eine Schülerin sogar in den Verein aktiv ist, in dem ich auch Co-Trainerin bin. Allerdings ist nicht in der Mannschaft, die von mir trainiert wird. Aber generell würde es mich freuen, wenn noch mehr Mädchen den Weg in die Vereine finden würden.