Schiedsrichter-Pflichtsoll: Vereinfachung geplant

11. August 2019 · Top-News · von: mag

Das Schiedsrichterpflichtsoll sorgt auch für Gesprächsstoff, wenn der Ball nicht auf dem Platz rollt. Der Hessische Fußball-Verband hat sich in diesem Zuge einige Änderungen überlegt, die ab dem Verbandstag 2020 zum Tragen kommen könnten. Dazu äußert sich der Vorsitzende des Verbandsschiedsrichterausschusses Gerd Schugard im Interview mit Matthias Gast (Referent Öffentlichkeitsarbeit).

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Herr Schugard, wie zufrieden sind Sie mit den Leistungen der hessischen Schiedsrichter in der abgelaufenen Saison?
Wir können insgesamt ein positives Fazit ziehen. Nicht nur unsere DFB-Schiedsrichter haben durch ihre Leistungen überzeugt, auch in den Verbandsspielklassen gab es wenige leistungsbezogene Beanstandungen. Wir dürfen aber auch nicht die Schiedsrichter-Kameradinnen und Kameraden vergessen, die auf Kreisebene zum Einsatz kommen. Auch sie sind gut ausgebildet und werden durch die Fortbildungsmaßnahmen in den jeweiligen Kreisen gut betreut. Diesen Aus- und Fortbildungsweg gilt es fortzusetzen.

Gibt es genügend Schiedsrichter in Hessen?
Die Frage muss verneint werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Zahl der erbrachten Spielleitungen betrachtet wird. Derzeit stehen knapp 5.000 Schiedsrichter für den Spielbetrieb zur Verfügung. Dem gegenüber stehen jährlich rund 90.000 Pflicht- und 20.000 Freundschaftsspiele. Somit müsste jeder Schiedsrichter circa 22 Spielleitungen übernehmen. Wir müssen aber leider feststellen, dass eine größere Anzahl von Schiedsrichtern lediglich bereit ist, die für die Schiedsrichter-Pflichtsollberechnung erforderliche Anzahl von zwölf Spielleitungen zu übernehmen. Hinzu kommt, dass allein im Spieljahr 2017/18 über 1.000 Schiedsrichter weniger als zwölf Spielleitungen übernommen hatten, die für die Anrechnung auf das Schiedsrichter-Pflichtsoll 2018/19 erforderlich waren. Allein aus diesem Zahlenbeispiel ist erkennbar, dass Woche für Woche zu wenige einsatzbereite Schiedsrichter zur Verfügung stehen.

Wieso sollen die Vorgaben des Schiedsrichterpflichtsolls geändert werden?
Wir mussten feststellen, dass die derzeitige Zahl der vorgegebenen Mindestspielleitungen zur Anrechnung auf das Schiedsrichter-Pflichtsoll unzureichend ist. Außerdem wurden weitere Zugeständnisse im Berechnungsverfahren eingeräumt, die Schiedsrichter zwar die Anrechnung auf das Schiedsrichter-Pflichtsoll ermöglichen, sie aber von Spielleitungen freistellen. Insofern war ein Schiedsrichter-Ansetzungsmangel vorprogrammiert, der sich allerdings in den letzten Jahren deutlicher ausgewirkt hat, als wir es vorhersehen konnten.

Was soll geändert werden?
Wir werden den Vereinen ein vereinfachtes Modell der Schiedsrichter-Pflichtsollberechnung vorschlagen. Hierbei sollen pro Spieljahr als Berechnungsgrundlage Mannschaftszahlen und deren Spielklassenzugehörigkeit festgestellt und daraus zu übernehmende Spielleitungen durch die Schiedsrichter der jeweiligen Vereine festgelegt werden. Die Zahl der durch die Vereine zu übernehmenden Spielleitungen wird zu Saisonbeginn, spätestens nach Ende der Qualifikationsspiele im Juniorenbereich, mitgeteilt. Auch im Bereich der Pflichtlehrveranstaltungen werden wir Änderungen vornehmen und weitere Angebote, wie zum Beispiel e-learning-Seminare, als anrechenbare Ersatzmöglichkeiten unterbreiten.

Wieso ist diese Version nun gerechter?
Weil wir diejenigen Vereine, die wenige Mannschaften in unteren Spielklassen zum Einsatz bringen, nicht mit denjenigen Vereinen vergleichen und entsprechend verpflichten wollen, die mit einer größeren Anzahl von Mannschaften in gehobenen Spielklassen am Spielbetrieb teilnehmen.
Zudem sollen grundsätzlich alle Spielleitungen Anrechnung finden. Insofern profitieren die Vereine auch von ihren Schiedsrichtern, die pro Spieljahr weit mehr als die Mindestanzahl von zwölf Spielleitungen übernehmen. Aber auch derjenige, der nur in geringem Umfang Spielleitungen übernehmen kann und die Pflichtlehrveranstaltungen, ersatzweise andere Angebote, nutzt, wird von der Anrechnung nicht mehr ausgenommen. Insofern gehen wir davon aus, einen ausgewogenen und nachvollziehbaren Vorschlag den Vereinen vorlegen zu können.

Vielen Dank für das Gespräch!