Interview mit Loreen Bender: „Mutter wollte nie, dass ich Fußball spiele“

25. April 2025 · Top-News · von: mag

Die Hanauerin Loreen Bender ist Gewinnerin der Fritz-Walter-Medaille in Gold. Diese Auszeichnung geht an die besten Nachwuchsfußballerinnen und – fußballer Deutschlands. National bekannt wurde sie bereits vorher, als jüngste Torschützin des Monats der ARD-Sportschau mit einem Fallrückziehertor glänzte. Der HESSEN-FUSSBALL hat mit ihr Kontakt aufgenommen.

Foto: Neil Baynes / Bayer 04 Leverkusen

Hallo Loreen, Sie waren gerade verletzt, wie geht es Ihnen jetzt?
Im Moment geht es mir sehr gut, auch muskulär habe ich überhaupt keine Probleme. Im Dezember wurden mir die Mandeln herausgenommen, vorher lag ich mit einer Mandelentzündung drei- bis viermal im Jahr flach.

Es ging also um eine Erkrankung, keine sporttypische Verletzung?
Nach der Mandelentzündung hatte ich muskuläre Probleme, da ich zwischenzeitlich vier Wochen lang gar nichts machen durfte. Ich dachte anfangs, dass ich drei Wochen pausieren muss, im Endeffekt waren es über zwei Monate. Danach hatte ich einen großen Rückstand zum Fitnessniveau der Mannschaft und wollte zu schnell zu viel. So kamen die Rückschläge. Jetzt bin ich zum Glück wieder fit.

Wie läuft es aktuell sportlich?

Jetzt läuft es wieder gut, sportlich stehe ich gut da und habe mich wieder ins Team integriert. Ich bin auch als Persönlichkeit so gestrickt, dass ich mich schnell einfinden kann. Dazu trägt meine lockere Art bei.

Was sind Ihre kurzfristigen Ziele mit Bayer Leverkusen?

Durch den erreichten Punkterekord spielen wir schon jetzt unsere beste Saison der Vereins-Geschichte. Alles, was noch kommt, ist also ein Bonus. Natürlich wollen wir bis zum Schluss alles dafür geben, noch die Champions-League-Qualifikation zu erreichen. Das wäre unser Traum - auch wenn wir wissen, dass dafür im Endspurt vieles zu unseren Gunsten uns laufen muss.

Sie haben gerade ihren Vertrag verlängert. Wie sind Ihre längerfristigen Ziele mit Bayer 04?

Ich lasse mich in dieser Hinsicht gerne überraschen. Von den zwei Jahren, in denen ich hier bin, konnte ich bisher auch nur circa ein Jahr spielen, da ich auch mit einer Schambeinentzündung sieben Monate lang ausgefallen bin. Ich fühle mich hier gut aufgehoben, die medizinische Betreuung ist sehr gut. Wir sind ein guter Bundesligist und haben keine Abstiegssorgen. So kann ich mich hier weiter etablieren und auf hundert Prozent kommen. Auf Dauer habe ich dieses Niveau hier noch nicht erreicht.

Wann haben Sie mit dem Fußballspielen begonnen?
Ich habe mit sieben Jahren, also relativ spät, beim VfR Kesselstadt angefangen mit dem Fußballspielen. Meine Mutter wollte nie, dass ich Fußball spiele, weil ich parallel dazu auch Gerätturnen gemacht habe. Ich wollte aber gerne gemeinsam mit meinem Cousin zu einem Fußballcamp. Dort habe ich die Liebe zum Fußball gefunden. Auch wenn ich das Gerätturnen noch zwei Jahre lang weiter parallel gemacht habe, habe ich dann gemerkt, dass es zu viel wird und mich nur noch auf den Fußball fokussiert.

Wann haben Sie gemerkt, dass Sie auch überregional gefragt sind?

Der Gedanke kam ganz spät. Obwohl direkt bei dem Camp mit Kesselstadt schon viel Lob kam und es dann auch relativ steil bergauf ging. Aber es war nie der Rede wert. Ich habe mich riesig über die Einladung zur Regionalauswahl gefreut und dann ging es schnell weiter mit Hessenauswahl und Nationalmannschaft. Ich habe mir nie großartig Gedanken darüber gemacht, was das bedeutet, sondern habe immer einfach Spaß beim Fußball gehabt und war neugierig auf das, was kam

Welche Erinnerungen haben Sie an die Hessenauswahl?
Als ich sehr jung war, war ich dabei sehr aufgeregt und konnte daher nicht meine beste Leistung bringen. Aber das hat sich irgendwann gelegt. Ich erinnere mich an unsere Treffen in Grünberg und die erste Aufwärtsfahrt nach Schleswig-Holstein. Ich denke gerne daran, dass wir beide Spiele gewonnen haben. Auch bei den Länderpokalen war es eine schöne Zeit, ich konnte viel mitnehmen.

Wie schwierig war der Wechsel als Teenagerin nach Leverkusen?
Nur durch die Verletzung war es anfangs schwierig, weil ich keinen Bezug zum Team hatte. Gottseidank wurde ich schnell gut empfangen und auch außerhalb des Trainings mal eingeladen, so dass ich nicht ganz alleine auf mich gestellt war. Ich war mir frühzeitig sicher, dass ich nach Leverkusen gehen wollte. Mittlerweile fühle ich mich auch langsam heimisch.

Apropos heimisch: Was bedeutet Ihnen Ihre Familie und wie häufig haben Sie Kontakt?
Ich bin täglich mindestens einmal in Kontakt, telefoniere jeden Tag mit meiner Mutter. Wenn ich überlege, was sie alles für mich getan haben, auch bezüglich des Fußballs mit den ganzen Fahrtwegen, nach Grünberg oder zur Nationalmannschaft, weil sie nicht wollten, dass ich mit 13 Jahren alleine lange Strecken mit dem Zug fahre. Auch zu Spielen in ganz Hessen haben sie mich gefahren. Ich verdanke ihnen sehr viel und versuche, auch mit meiner Leistung etwas zurück zu geben.

Sind Ihre lackierten Fingernägel dabei eine Art Glücksbringer?
Ja, häufig und vor allem vor den Spielen lackiere ich die Fingernägel, sonst kann ich nicht spielen. Ich fühle mich sonst nackt. Ähnlich geht es mir mit Ohrringen, ohne sie kann ich das Haus nicht verlasse

Was sind Ihre Hobbies außerhalb des Fußballs?

Shoppen und Kuchen essen sind meine Lieblingshobbies. Ab und zu gehe ich auch Basketball spielen, ich zeichne gerne, lese gerne, picknicke, mache Armbänder. Ich mache ziemlich viel.

Zurück zum Fußball: Wie war es für Sie, erstmals in der Bundesliga auf dem Platz zu stehen?
Ich war vorher lange verletzt, konnte mich gut geistig darauf vorbereiten. Aber da es nicht nur mein erstes Bundesligaspiel, sondern auch fast das erste Spiel für Leverkusen war, war es für mich umso erfüllender. Ein Heimspiel, dass wir gewonnen haben - es war ein schönes Gefühl.

Sie werden als Unterschiedsspielerin bezeichnet. Welche Stärken machen bei Ihnen den Unterschied?
Ich denke nicht viel nach, dann kommt manchmal irgendetwas Gutes dabei heraus, von dem ich selbst gar nicht weiß, was da gerade passiert ist. Manchmal machen meine Füße ganz verrücktes Zeug. Vielleicht ist es auch meine Spielfreude, ich will immer den Ball haben.

Wie real sind Ihre Träume in Richtung A-Nationalmannschaft?
Das wäre natürlich ein Traum, dort irgendwann zu spielen. Ich lasse mich überraschen, aber jetzt kommt erstmal die U23. Alles andere ist es noch etwas zu weit hergeholt, ich muss erstmal längere Zeit verletzungsfrei bleiben.

Sie wurden als jüngste Torschützin des Monats bundesweit bekannt. Hat das etwas in Ihrem Alltag geändert?
Nach diesem Tor kamen ungefähr ein Jahr lang viele Anfragen. Ich war auch bei Kai Pflaumes TV-Show „Kaum zu glauben“, hatte große mediale Aufmerksamkeit und Interviews. Erkannt wurde ich auch ab und zu von Zeitungslesern in Hanau. Aber zum Glück hält sich der Rummel in Grenzen.

Was bedeutet Ihnen die Verleihung der Fritz-Walter-Medaille?
Das ist ein riesengroßer persönlicher Erfolg. Damit wurde ich auch belohnt für den Kampf und das Engagement in der Nationalmannschaft. und bei den Turnieren. Da war immer sehr viel Herz dabei.
Ich kann mich noch erinnern, als ich von meiner Nationalmannschaftstrainerin angerufen wurde. Es kam für mich aus dem völligen Nichts. Das macht einen schon sehr stolz.