Herzgesundheit im Fußball: Interview Pascal Bauer

20. September 2021 · Top-News · von: HFV

Im Vorfeld des großen HFV-Gesundheitstages haben wir uns mit Pascal Bauer vom Gesundheitszentrum in Herborn zum Thema "Herzgesundheit im Fußball" unterhalten und wie man präventiv das Risiko für einen plötzlichen Herzstillstand beim Sport senken kann.

Wie hoch ist das Risiko für einen plötzlichen Herzstillstand im Sport?

In Deutschland gibt es ca. 1000 plötzliche Herzstillstände beim Sport pro Jahr. Insgesamt wird die Häufigkeit des plötzlichen Herztods beim Sport zwischen 0,11 und 3,0 Todesfällen pro 100 000 Sporttreibenden pro Jahr angegeben.

Ein plötzlicher Herzstillstand bei jungen Profisportlern mitten auf dem Spielfeld, wie im Fall Christian Eriksen, sorgt für große Bestürzung in der Öffentlichkeit und eine hohe mediale Aufmerksamkeit. Tatsächlich sind diese Fälle aber eher eine Ausnahmeerscheinung. Denn es sind fast ausschließlich ambitionierte Hobbysportler, die von einem plötzlichen Herzstillstand beim Sport betroffen sind, so die Zahlen eines deutschen Registers (www.scd-deutschland.de).

Dabei sind Männer deutlich häufiger als Frauen betroffen und machen 96% aller Fälle aus. Zudem konnte ein Alter über 35 Jahre als Risikofaktor identifiziert werden. Ferner haben Untrainierte und Sportwiedereinsteiger, die eine langandauernde und intensive sportliche Belastung durchführen, ein erhöhtes Risiko.

Es gilt allerdings zu betonen, dass Sport nicht die Ursache für den plötzlichen Herztod ist. Vielmehr stellt eine intensive sportliche Belastung einen potentiellen Auslöser für gefährliche Herzrhythmusstörungen bei Menschen mit einer bisher unerkannten Herzerkrankung dar.

Insgesamt ist der plötzliche Herztod beim Sport jedoch ein seltenes Ereignis, wenn man bedenkt, dass in Deutschland Jahr für Jahr etwa 65.000 Personen einen plötzlichen Herzstillstand erleiden. Dabei versterben etwa 60.000 Menschen infolge dieses schwerwiegenden kardialen Ereignisses.

 

Kann ich präventiv das Risiko für einen plötzlichen Herzstillstand beim Sport senken?

Ja. Es wird eine sportärztliche Vorsorgeuntersuchung vor Sportbeginn empfohlen, die in regelmäßigen Abständen wiederholt werden sollte. Die Untersuchungsintervalle werden hierbei in Abhängigkeit vom individuellen Risiko und des jeweiligen Untersuchungsergebnisses festgelegt. In Deutschland werden die Kosten für eine Sporttauglichkeitsuntersuchung bereits von vielen Krankenkassen teilweise beziehungsweise komplett übernommen.

Als Basis der Untersuchung fungieren eine ausführliche Anamnese, eine körperliche Untersuchung und ein 12-Kanal-Ruhe-EKG. Bei Risikogruppen, zu denen Sport-Wiedereinsteiger, Untrainierte, Athleten mit kardialen Risikofaktoren oder bestehenden Herz- Kreislauferkrankungen sowie bei Personen >65 Jahren zählen,  wird zudem ein Belastungstest auf dem Ergometer empfohlen.

Die Sporttauglichkeitsuntersuchung dient somit der Erkennung latenter oder bereits vorhandener Erkrankungen, die  ein erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod bei Sporttreibenden darstellen.

Hierdurch wird eine Risikominimierung erreicht und eine sichere Sportausübung für jeden Athleten gewährleistet. Durch dieses systematische Screening ließ sich die Inzidenz des plötzlichen Herztodes bei  Sport in Italien um 90 % senken.  Dort existiert seit 1982 eine gesetzliche Verpflichtung zur jährlichen Sporttauglichkeitsuntersuchung für Wettkampfsportler aller Klassen und Disziplinen.

Ein weiterer Faktor der wesentlich zur Minimierung des Risikos beträgt, ist die Sportpause bei Infekten. Auch kleinere Infekte, insbesondere die der oberen Atemwege, sollten vollständig auskuriert werden, bevor wieder mit dem Sport begonnen wird. Ansonsten steigt das Risiko einer Herzmuskelentzündung an, und damit das Risiko einen plötzlichen Herztod zu erleiden.

 

Was sind im Notfall die wichtigsten Maßnahmen, um Leben bei einem plötzlichen Herzstillstand zu retten?

Immer wieder berichten Zeuginnen und Zeugen eines Herz-Kreislauf-Stillstandes, dass sie so aufgeregt waren und Angst hatten , etwas „falsch“ zu machen, dass sie schließlich gar nichts machten. Aber:  Alles ist besser als nichts zu tun! Jede Minute eines Herz-Kreislaufstillstandes ohne Wiederbelebung führt zu einer Verringerung der Überlebenschance um jeweils 10% und zu irreversiblen Gehirnschäden! Als medizinischer Laie können Sie auch nie für eine suboptimale Durchführung belangt werden- also Hand auf’s Herz!“

Wenn eine Person plötzlich umfällt oder auf dem Boden liegend vorgefunden wird, muss zunächst überprüft werden, ob diese bewusstlos ist und ob die Bewusstlosigkeit durch einen Herz-Kreislauf-Zusammenbruch bedingt ist. Dazu wird die Person laut angesprochen und bei fehlender Reaktion an der Schulter geschüttelt. Wenn die Person nicht reagiert und sich der Brustkorb als Zeichen der Atmung nicht typisch auf und ab bewegt, muss sofort Hilfe herbeigerufen werden. Sie sollten umgehend zum Telefon greifen – oder andere Personen darum bitten – und per 112 einen Notruf absetzen. Entscheidend für die Prognose des Patienten ist dann die sofortige Einleitung der Reanimationsmaßnahmen durch Herzdruckmassage. Diese kann und soll auch unbedingt von anwesenden Laien durchgeführt werden, wobei auch eine professionelle telefonische Anleitung durch die Rettungsdienststelle erfolgen kann. Nur diese Maßnahme entscheidet darüber, ob und wie der Patient ein derartiges Ereignis überlebt. Dazu kniet man sich an eine Seite (egal ob rechts oder links) der Person. Den Handballen auf die Mitte des Brustbeines aufsetzen, die zweite Hand auf den Handrücken der ersten platzieren. Senkrecht über die Brust der Person beugen und mit gestreckten Armen das Brustbein 5-6 cm in Richtung Wirbelsäule mit einer Frequenz von 100-120 pro Minute drücken. Die Herzdruckmassage wird durchgeführt, bis das Rettungsteam eintrifft und sollte nicht unterbrochen werden. Rufen Sie um Hilfe - die Herzdruckmassage ist extrem anstrengend. Wechseln Sie sich ab!

Der Automatisierte Externe Defibrillator (AED) kommt nur zur Anwendung, wenn mindestens zwei Helfer/innen vor Ort sind und jemand weiß, wo in unmittelbarer Nähe ein AED installiert ist. So kann eine Person die Herzdruckmassage durchführen, während die andere den AED holt. Nachdem Sie den AED eingeschaltet haben, müssen Sie nur den Anweisungen des Sprachcomputers folgen. Wichtig bei der Benutzung eines AED ist, dass niemand während der Schockabgabe den Patienten berührt und nach dem Schock die Herzdruckmassage fortgeführt wird.

 

Welchen Vorteil hat ein automatisierter externer Defibrillator (AED)?

Die Herzdruckmassage sichert den Blutfluss im Körper und insbesondere zum Gehirn. Jedoch lässt sich hiermit die Ursache des Herz-Kreislaufstillstandes nicht beheben. Ursächlich ist meist ein sogenanntes Kammerflimmern. Durch einen Elektroschock mit einem Defibrillator kann das Kammerflimmern beendet werden und das Herz wieder seine normale Pumpenfunktion aufnehmen. Je früher das Flimmern beseitigt werden kann, je früher also die Herzdruckmassage „abgelöst werden kann“ von einem alleine schlagenden Herzen, umso größer der Reanimationserfolg.

Seit mehreren Jahren gibt es nun bereits Defibrillatoren, die einfach von Laien bedient werden können. Diese AEDs (Automatisierte Externe Defibrillatoren) arbeiten weitgehend automatisch. Nur die Elektroden müssen auf den Brustkorb geklebt werden. Zum Auslösen des Schockes muss ein Knopf gedrückt werden. Wenn ein AED bei einem Herzstillstand verfügbar ist und eingesetzt wird, steigt die Überlebenswahrscheinlichkeit des Betroffenen deutlich an!  Deshalb ist es wünschenswert, dass an vielbesuchten Sportstätten automatische externe Defibrillatoren (AED) vorhanden und leicht zugänglich sind.

 

Warum sollten die HFV-Mitglieder unbedingt den Gesundheitstag und den Workshop „Herzgesundheit im Fußball“ besuchen?

Der Workshop bietet eine sehr gute Gelegenheit, die Basiskenntnisse der lebensrettenden Sofortmaßnahmen theoretisch zu wiederholen und praktisch unter Expertenanleitung zu üben. Zudem wird die Handhabung eines automatisierten externen Defibrillators erläutert, um diesen im Ernstfall sicher und korrekt bedienen zu können.