Haftung bei Verletzungen

Fußballspiele enden nicht immer nach 90 Minuten, sondern finden des Öfteren eine Verlängerung im Gerichtssaal. Nicht nur die Sportgerichte des Hessischen Fußball-Verbandes (HFV), sondern auch staatliche Gerichte werden beschäftigt. Nach Fouls oder Tätlichkeiten mit Verletzungsfolgen schlagen die Geschädigten immer häufiger den Klageweg ein, um Schadensersatz oder auch Schmerzensgeld vom, oftmals vermeintlichen, Täter einzufordern.

Vermehrt haben etwa auch Arbeitgeber und Krankenversicherungen den Fußball ins Visier genommen, um Kosten, die aufgrund von Verletzungen im Zusammenhang mit Fußballspielen entstanden, einzufordern. Dabei gibt es aber nicht bei jeder Verletzung infolge eines Fußballspiels Schadensersatz vor dem ordentlichen Gericht. Erforderlich sind vielmehr weitere Voraussetzungen.

Nach Vorkommnissen im Zusammenhang mit Fußballspielen ist grundsätzlich der Weg zu den staatlichen Gerichten eröffnet. Der Verband kann dies nicht durch Satzung ausschließen, da dies gegen höherrangiges Recht (Grundgesetz) verstößt. Allerdings führt nicht jede Klage vor einem staatlichen Gericht zum Erfolg. Da sich die Gerichte bereits mit einer Vielzahl von Fällen beschäftigen mußten, wurden inzwischen Grundsätze entwickelt und die Voraussetzung für die Gewährung eines Schadensersatzanspruches definiert.

Der Fußball gilt im Sinne der staatlichen Rechtsprechung als "Kampfspiel". Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist Voraussetzung für die Haftung aufgrund von Verletzungen beim Fußball ein schuldhafter Regelverstoß, der zur Verletzung führt. Hierbei soll ein Verschulden dann nicht vorliegen, wenn der Regelverstoß im Grenzbereich zwischen der einem solchen "Kampfspiel" eigenen und gebotenen Härte und der unzulässigen Unfairneß liegt.

Die Haftung für Verletzungen bei Fußballspielen unterliegt damit besonderen Voraussetzungen. Dies soll dem Umstand Rechnung tragen, daß beim Fußball alle Beteiligten einvernehmlich einen mit üblicherweise auch körperlichem Einsatz geführten Wettkampf betreiben. Alle Beteiligten wissen, daß es eine erhöhte Gefahr von Verletzungen gibt und nehmen dies durch ihre bewusste Teilnahme am Spielbetrieb billigend in Kauf.

Jeder Fussballspieler akzeptiert durch seine Teilnahme am Spielbetrieb die gültigen Fussball-Regeln. Daher muß nach der Rechtsprechung ein objektiver Regelverstoß und darüber hinaus ein schuldhaftes Verhalten vorliegen. Erst wenn die Grenzen zur unzulässigen Unfairneß überschritten sind, kommt daher eine Haftung des Mitspielers, der einen Gegner verletzt, in Betracht. Die unzulässige Unfairneß liegt im Regelfall erst dann vor, wenn die Regeln der Sportart, also die Fußballregeln überschritten sind.

Die Frage, ob eine Regelüberschreitung vorliegt, entscheidet in diesem Fall ausschließlich das staatliche Gericht. Eine getroffene Schiedsrichterentscheidung ist dann lediglich ein Indiz für die Entscheidung des Gerichts. Hat also ein Schiedsrichter eine Tätlichkeit nicht gesehen und demzufolge nicht geahndet, so bietet dies keine Sicherheit dafür, daß etwa ein Faustschlag hinter dem Rücken des Schiedsrichters nicht doch zum Schadensersatz vor einem ordentlichen Gericht führt.

Kann die Tat etwa durch neutrale Zeugen zur Überzeugung des Gerichtes nachgewiesen werden, so liegt eine objektive Überschreitung der Fußballregeln vor, die auch schuldhaft erfolgte und damit eine Schadensersatzpflicht nach sich zieht. Dies dürfte allerdings in der Praxis schwierig zu beweisen sein, da im Amateurfußball nicht wie im Profibereich etwa Filmaufnahmen vorliegen, die als Beweismittel geeignet wären.

Anders gelagert sind dagegen Fälle, in denen bereits der Schiedsrichter den Regelverstoß erkannte und etwa wegen Tätlichkeit oder rohem Spiel mit einer roten Karte ahndete. Kommt es in derartigen Fällen zu einer Verletzung, gibt es bereits einen neutralen Zeugen, nämlich den Schiedsrichter. Die Gefahr einer Verurteilung ist in diesen Fällen um einiges höher.

Immer öfter fordern daher Rechtsanwälte, Versicherungen und Arbeitgeber beim HFV Spielberichte an, um an unabhängige Unterlagen, die zum Beweis geeignet sind, zu kommen. Nach einem Beschluß des Vorstandes des HFV werden allerdings derartige Spielberichte nicht an Privatpersonen herausgegeben, da sie ausschließlich zum verbandsinternen Gebrauch bestimmt sind. Eine Herausgabe kommt lediglich an polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungsbehörden, sowie Gerichte in Betracht. Ohnehin enden diese Anfragen für die Betroffenen oft enttäuschend, da sich in den Spielbericht häufig kein Vermerk über den streitigen Vorfall findet und auch Adressen der Spieler dem HFV nicht bekannt sind.

Einige Anwälte schießen teilweise auch über das Ziel hinaus. Mit kurzen Fristen und scharf verfassten Schreiben an Spieler und Vereine wird versucht, Druck auszuüben, um sie zur Zahlung zu bewegen. Dies vereinzelt selbst dann, wenn die geschilderten Voraussetzungen nicht vorliegen. Dass Zahlungsansprüche gegen die Vereine, denen die Spieler angehören, im Regelfall nicht bestehen wird hierbei geflissentlich übersehen. Betroffenen Spielern und Vereinen ist zu raten, Ruhe zu bewahren.

Von übereilten Schuldeingeständnissen kann nur abgeraten werden. Wird allerdings eine Klage vor einem ordentlichen Gericht anhängig (Amts- oder Landgericht) sollte man unbedingt anwaltlichen Rat suchen.

Festzuhalten bleibt aber, dass Verletzungen, die im Anschluss an regelkonforme Zweikämpfe erfolgten, grundsätzlich nicht zur Verurteilung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld führen können, da dies mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht vereinbar ist. Eine über das normale Maß hinaus gehende Härte kann jedoch für den Fußballer schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Hierzu gehören insbesondere schwere Tätlichkeiten oder etwa die Grätsche von Hinten.

So wurde in verschiedenen Entscheidungen festgestellt, dass bei einer Grätsche von Hinten in die Beine des Gegners allein schon aufgrund dieser groben Regelwidrigkeit eine Haftung regelmäßig in Betracht zu ziehen sei. Dies ergäbe sich aus dem hohen Verletzungsrisiko für den Gegner. Diesem Risiko hat auch der Fußball insofern Rechnung getragen, als er derartige Attacken mit einer roten Karte bestraft.

Handelt es sich dagegen um einen klassischen Pressschlag, bei dem sich einer der Beteiligten verletzt, so kann hieraus kein Schadensersatz erwachsen, da sich beide Spieler regelkonform verhalten haben.

Wird eine erhebliche Regelüberschreitung festgestellt, legt das Gericht Schadensersatz oder Schmerzensgeld fest. Zudem drohen neben diesen zivilrechtlichen Folgen auch strafrechtliche Konsequenzen. Dann ermitteln auch Polizei und Staatsanwaltschaft. Insbesondere bei Tätlichkeiten liegt der Tatbestand der Körperverletzung (§ 223 Strafgesetzbuch) vor.

Bei sehr schweren Körperverletzungen oder dem Einsatz von Waffen, etwa bei Ausschreitungen nach dem Spiel, kann sogar eine Freiheitsstrafe in erheblicher Höhe auf den oder die Täter zukommen (§§ 224, 226). Der Fußballplatz ist bei derart verwerflichem, die Fußball-Regeln krass überschreitendem, Verhalten eben kein rechtsfreier Raum mehr.