29 | Interview chen, Ergebnistabellen lesen und die Trainings fordern, die sie aus dem Profi - bereich kennen, und das alles schon ab der F-Jugend. Ich fi nde die neue Spiel- form gut. Die Frage ist für mich, ob die Spieler das auch verstehen, wenn sie im Fernsehen doch eine Spielordnung sehen, die sich von ihrem Training und ihren Spielen so unterscheidet. Zimmermann: Da habe ich keine Be- denken, das bekommen sie ganz sicher hin. Ich fi nde diese Reform wirklich gut und erhoff e mir einiges davon. Es ist wichtig, die Vorzüge auch in die Köpfe der Leute zu bekommen. Schmidt: Ich bin immer noch der Mei- nung, man müsste Ergebnisse haben. Aber ich lasse mich gerne eines Besse- ren belehren. Zimmermann: In Deutschland ist das mit Reformen halt echt schwierig. Du scheidest mit der Nationalmannschaft aus und alle sagen: „Es muss was pas- sieren.“ Dann veränderst du etwas und viele sagen: „Wie doof ist das denn?“ Groth: Nochmal zum Thema Reformen. Auch ab der B-Jugend muss was passie- ren. Die haben auf einmal andere Inter- essen und haben mit Fußball dann gar nicht mehr so viel am Hut. Das geht bis in die Herrenmannschaften. Unsere Ers- te ist relativ jung. Die Spieler sind in der Ausbildung oder im Studium, teilweise gibt es schon junge Familienväter. Für die ist das belastend, 40 Wochenen- den im Jahr, zusätzlich zum wöchentli- chen Trainingsaufwand, für den Fußball zu opfern. Weniger Spieltage würden mehr Leute im Vereinsfußball halten. Zimmermann: Die Diskussion gibt’s schon lange. Was ist die ideale Größe für eine Spielklasse? Wenn du da in die niedrigeren Ligen gehst, kannst du sa- gen, dass eine ideale Staff el aus 12 bis 14 Teams besteht. Je höher du spielst, etwa in der Verbandsliga, da sind es 16. Und auch das Drop-Out-Thema ist nicht neu. Hierüber wird seit Ende der 90er-/ Anfang der 00er-Jahre gesprochen. Lö- sungsansätze gibt es da einige. Eine zen- trale Rolle für den Verbleib der Kinder im Klub spielt hier ebenfalls der Trainer. Groth: Aber dann, lieber Ronny, wenn du beim DFB zuständig für den Ama- teurfußball bist, solltest du das doch vorantreiben. Zimmermann: Da sind wir wieder beim Thema Föderalismus. Die Reform im Kinderfußball hat zum Beispiel sechs Jahre gedauert. Und auch die anderen Themen werden bereits landauf, land- ab in den Kreisen diskutiert. Da gehört das Thema ja auch hin. Wenn eben die Klubs in einem Kreis mit einer Staff el- stärke von 16 spielen möchten und die Spieler auch – warum sollte man das denn nicht so machen? Ich denke, dass es hier keine Pauschallösung für alle wird geben können. Groth: Dann bitte jetzt direkt anfangen. Zimmermann: Ich werde es weiterge- ben. Aber wie gesagt, die Diskussion fi ndet ja schon vielerorts statt. Der Auf- trag ist damit ohnehin da. Viele Ältere wollen ja auch nicht mehr in einer Liga spielen, weil sie sagen, sie wollen kei- nen Leistungscharakter, sondern nur mit ihren Freunden zum Spaß kicken. Und als Verband sollte man sich immer am tatsächlichen Bedarf orientieren. Groth: Wir erkennen einfach, dass es zu viele Spieltage sind. Zimmermann: Die Welt hat sich ver- ändert, aber der Fußball ist vielerorts noch genauso, wie er vor langer Zeit war. Letztlich kann ich immer nur emp- fehlen, solche Fragen in den entspre- chenden Staff elsitzungen anzuspre- chen und sie dort zu diskutieren. Groth: Richtig, es gibt ja auch schon Leute, die sagen: 90 Minuten sind viel zu lang. Zimmermann: Inzwischen gibt’s Kin- der, die sich nur noch Highlights an- schauen. Groth: Darauf müssen wir Antworten fi nden, sonst sind irgendwann alle weg. Als kleiner, normaler Verein musst du da Lösungen parat haben. Zimmermann: Auf der anderen Sei- te habe ich den Fußball schon 20-mal sterben sehen, aber er ist immer noch da. Das spricht uns natürlich nicht frei, aktuelle Entwicklungen immer in unse- re Überlegungen einzubeziehen. Groth: Lass‘ uns lieber darüber spre- chen, wie wir als Vereine mitwirken können. Unser Verein leistet tolle Arbeit im Mädchenfußball, der beim Ama- teurfußball-Kongress eines von drei Schwerpunktthemen ist. Wir haben von dem Kongress gelesen und uns schriftlich beim Verband für die Teil- nahme beworben. Die Plätze waren be- reits alle vergeben. Wie sie vergeben wurden, wissen wir nicht. Zimmermann: Der Amateurfußball- Kongress fi ndet am DFB-Campus statt und wir mussten schauen, wie viele Teilnehmer insgesamt dabei sein kön- nen. Das sind etwa 350 Plätze. Darunter fallen neben den Vereinsvertretern auch Mitarbeiter des DFB, der Landes- verbände und der Fußballkreise, weil uns der Austausch zwischen allen Ebe- nen enorm wichtig ist. Auf diese Weise entsteht dann ein Kontingent für jeden Landesverband – je nach Verbandsgrö- ße. Wie die Landesverbände ihre ver- fügbaren Plätze für Amateurvereine verteilen, hat der DFB nicht vorgege- ben. Groth: Dann müssen wir das beim Ver- band nachfragen. Für mich hat es den Anschein, dass es da Vetternwirtschaft gibt und immer die gleichen Leute ge- fragt werden. Zimmermann: Im Badischen Fußball- Verband haben wir bewusst darauf ge- schaut, dass bei diesem Kongress ande- re Vereinsvertreter dabei sind als beim letzten Mal. Wir prüfen immer nach Themen und schreiben die Plätze für die Vereinsvertreter auch zum Teil aus. Bei uns sind keine Vereinsvertreter da- bei, die bereits bei einem Amateurfuß- ball-Kongress waren. Daher kann ich deine Einschätzung so nicht teilen. Groth: Das muss aber durchsichtiger werden. Zimmermann: Auf diese Variante ha- ben wir uns demokratisch festgelegt, sie hat sich über die Jahre als das bes- te Vorgehen herausgestellt und wur- de auch kommuniziert. Wenn du das für deinen Verband wissen möchtest, musst du dort nachfragen. Groth: Wenn wir als kleinere Vereine beim DFB mitreden sollen, dann müs- sen wir ja auch Lust auf diese Beteili- gung bekommen. Zimmermann: Da stimme ich dir zu. Ich kann aber als 1. DFB-Vizepräsident Amateure nicht für alle Herausforde- rungen vor Ort der erste Ansprechpart- ner sein. Dafür haben wir das föderale System und das System der repräsen- tativen Demokratie – angefangen von den Fußballkreisen über die Landesver- bände bis hin zum DFB. Wir haben de- mokratische Strukturen und jeder hat die Möglichkeit, sich einzubringen, Pro- bleme kritisch anzusprechen und neue Ideen einzubringen. Ich rufe euch auf, dort aktiv zu werden, wo ihr in der Ver- antwortung steht und Dinge anzusto- ßen. Das gilt nicht nur für euch beide, sondern für alle Amateurvereine. Aber eine gute Idee muss eben auch von vie- len als gut empfunden werden. Das ge- Fussball.de hört zur Demokratie. HESSEN-FUSSBALL 11/2023