21 | Redaktionsgespräch meine Ausbildungen gemacht, also Abi- tur, Ausbildung zum Sport- und Fitness- kaufmann sowie Sport und Geschichte studiert mit dem Ziel, Lehrer zu werden, wenn es mit dem Beruf Trainer nicht klappen sollte. Seit knapp drei Jahren bin ich Verbandssportlehrer beim HFV. Hier konnte ich meine Berufung als Trai- ner mit dem Willen, Lehrer zu werden, vereinen. Welche Aufgaben haben Sie als Ver- bandssportlehrer? Die Basis ist die Ausbildung und Weiter- bildung der Trainer und die Verbesse- rung der Struktur des Fußballs in Hes- sen. Da geht es um C-Lizenz, B-Lizenz, Ausbildung, Fortbildung und Weiter- bildung. Der andere Zweig ist das Aus- wahlwesen. Wir sichten, haben Kontakt zu den Trainern, laden die Auswahl- mannschaften ein, trainieren sie über Wochenenden und fahren mit ihnen zu den Meisterschaften. Zudem bin ich der sportliche Ansprechpartner für die Eliteschulen in Hessen und für Futsal verantwortlich. Wie sehen Sie die Chancen, als Trai- ner im Profi bereich erfolgreich zu sein, wenn man kein Fußballprofi war? Die Gesellschaft und die Arbeit mit Spielern haben sich in den letzten 20 Jahren sehr verändert. Fast jeder Spieler hat nun eine Meinung zur Taktik oder zum Umgang miteinander, daher sollte man das Vorgehen begründen können. Wenn ich von der Pike auf den Trainer- job erlernt habe und alle Facetten des Trainer-Daseins kenne, kann das sehr helfen. Julian Nagelsmann oder Dome- nico Tedesco (Trainer von Erstligisten TSG Hoff enheim bzw. Schalke 04 ohne Erfahrung als Profi spieler, die Red.) sind zwar erst 30 beziehungsweise 32, aber schon seit vielen Jahren Trainer. Der Be- ruf Spieler und der Beruf Trainer sind et- was Unterschiedliches, das merken wir hier an der Basis. Wenn man den Beruf Trainer von Grund auf im Detail lernt, kann man auch nach oben kommen. Haben Sie Tipps aus dem Lehrgang mitnehmen können, die jeder Trainer anwenden kann? Generell ist in den zehn Monaten viel geschehen, was ich in meiner Trainer- tätigkeit ändern möchte. Dabei liegt die Konzentration aber klar auf dem Profi sport. Das ist eine Ausbildung, um Bundesliga-Trainer zu werden. Trotz- dem geht es um Fußball und was mir für Kreisliga-Trainer hängengeblieben ist, ist: Fragt die Spieler! Meistens fühlen Unser primäres Ziel ist es, den Einzel- nen zu unterstützen, sowohl auf dem als auch außerhalb des Platzes. Wir versuchen verschiedene Denkanstö- ße oder Entscheidungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die tägliche Arbeit fi ndet natürlich beim Verein statt, aber wir wollen neue Reize setzen, um zu schau- en, wie die Spieler darauf reagieren. All- Christoph Liebich (2.v.l.) bekommt seine Auszeichnung als Fußball-Lehrer von DFB-Generalsekretär Dr. Friedrich Curtius (li.), DFB-Präsident Reinhard Grindel und Ausbildungsleiter Frank Wormuth (re.). Foto: getty images die Spieler, was in welcher Situation das Beste für sie ist. Die Spieler geben mir ganz oft Aufschluss über die Situation. Gibt es Vorgehensweisen, die Sie auf- grund des Lehrgangs geändert haben? ligaunabhängig Ja. Ich bin beim HFV für die Trainings- lehre verantwortlich. Da geht es um die athletischen Fähigkeiten der Spie- ler, welche immer wichtiger werden. Davon gibt es neue Ansätze. Wir werden einen großen Trainerworkshop machen, in dem wir vier verschiedene Sparten abdecken, sprich für jeden Altersbereich etwas anbieten. Zusätzlich werde ich bezüg- lich der Trainingssteuerung etwas ein- bringen, sodass auch Trainer mit zwei Einheiten pro Woche wissen, wann sie wie zu belasten haben, um das Maxi- male herauszuholen. Ansonsten neh- me ich die Vielfältigkeit des Fußballs mit. Es gibt so viele Möglichkeiten, als Trainer zu intervenieren, dabei sollte jeder Trainer seinen eigenen Plan er- mitteln. Was versuchen Sie den Auswahlspie- lern mitzugeben? gemein kann jeder Spieler sich selbst technisch verbessern. Es geht bei uns um leistungssportliche Fokussierung. Wenn einer zur Auswahl kommt, dann gehen wir davon aus: die Person hat Lust, Leistungssport zu betreiben, un- abhängig von Vor- oder Nachteilen. Das wollen wir vermitteln. Welche Taktik, Spielphilosophie oder welches Spielsystem präferieren Sie? Erstmal müssen die Begriff e defi niert werden, da bei einer Spielphilosophie oder Spielidee der Rahmen gesteckt wird wie zum Beispiel „Ballbesitz ist das Wichtigste“ wie Pep Guardiolas oder Jürgen Klopps Idee des Umschaltspiels. Wir schulen in der Ausbildung das Ball- besitzspiel, weil der Spieler mit dem Ball agieren muss und das einen Fuß- baller ausmacht. Natürlich muss der Spieler auch verteidigen oder sprinten können. Aber der Umgang mit dem Ball ist die Nummer eins. Wenn wir von den Grundordnungen, also von der For- mation sprechen, ist das 4–3–3 mein Favorit, weil es verschiedene Vorzüge hat. Wenn wir dann von taktischer Aus- richtung, sprich vom System sprechen, sprechen wir vom Verhalten der Spieler in den vier Spielphasen. Die genaueren Defi nitionen kann man sich bei den ver- schiedenen Lizenzen erarbeiten. Eine Trainerausbildung an sich macht dich zwar nicht automatisch zu einem super Trainer, aber die Ausbildung kann dazu beitragen, dass man ein besserer Trai- ner wird . HESSEN-FUSSBALL 4/2018