Sportrichterschulungen 2018: „Kampf um den Ball“ wird „neu justiert“

03. Juni 2018 · Top-News · von: Andreas Dietzel

An jeweils einem Samstag in den Monaten Februar, März und April fanden die ganztägigen Frühjahrsschulungen der Sportrichter in der Sportschule Grünberg unter Leitung von Andreas Dietzel, Vorsitzender des Verbandsgerichts, statt. Neben den Vorsitzenden der Regional- und Kreissportgerichte und deren Stellvertreter waren hierzu auch Einzelrichter geladen, die in einem gesonderten Programmpunkt von Thomas Kaden aus dem IT-Referat der HFV-Geschäftsstelle im dfb.net geschult wurden.

Foto: Thorben Wengert / Pixelio.de

Den Beginn machten die Sportrichter aus den Regionen Gießen/Marburg und Fulda. Es folgten die Sportrichter aus den Regionen Darmstadt und Wiesbaden. Den Abschluss bildeten die Regionen Frankfurt und Kassel. Der Vorsitzende des Verbandsgerichts, Andreas Dietzel, referierte zum Thema Rechtsmittelbelehrung und Prüfung der Zulässigkeit einer Berufung und streifte dabei auch die Grundzüge des erstinstanzlichen Verfahrens. Ein besonderes Augenmerk lag hierbei auf der Einhaltung der Formalien nach der RVO, auch vor dem Hintergrund, dass Verfahrensbeteiligte sich zunehmend anwaltlich vertreten lassen.

Hans-Dieter Angermaier, stellvertretender Vorsitzender des Verbandsgerichts, referierte zum Thema Einspruch gegen die Spielwertung - spielentscheidender Regelverstoß gemäß § 25 RVO.  Dabei zeigte er zunächst die Abgrenzung zwischen Tatsachenentscheidung und Regelverstoß auf unter Einbeziehung der Regel 5 der Fußballregeln und schilderte sodann an konkreten Fallbeispielen Entscheidungen zum nicht legal definierten Begriff „spielentscheidend“, der restriktiv anzuwenden ist. Dabei muss der Regelverstoß ganz erheblichen Einfluss auf den Fortgang und das Spielergebnis genommen haben. Demnach kommt es auf mehrere Faktoren an wie beispielsweise auf den Zeitpunkt der Fehlentscheidung, Schwächung einer Mannschaft und den Spielstand und damit auf eine Abwägung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit.

Manuel Jung, Sportrichter im Verbandsgericht, setzte sich in einem weiteren Themenblock mit der Abgrenzung „Unsportlichkeit - rohes Spiel - Tätlichkeit“ auseinander. Ausgehend von der ständigen Rechtsprechung im HFV, wonach eine Tätlichkeit immer eine Verletzungsabsicht voraussetze, die aus dem Spiel heraus kaum nachzuweisen sei, arbeitete er in seinem Vortrag anhand eines konkreten Falles bei einem überharten Einsteigen und Gefährdung des Gegenspieler die Anwendungsproblematik der §§ 24 und 25 StO heraus, insbesondere die bisherige Auslegung zu dem Tatbestandsmerkmal „im Kampf um den Ball“. In einer anschließenden offenen Diskussion in allen drei Schulungsveranstaltungen kam man zu dem Ergebnis, dass wegen der Schwierigkeit des Nachweises der Verletzungsabsicht in § 25 StO eine Bestrafung nach § 24 StO dann erfolgt, wenn das Einsteigen rücksichtslos war, auch wenn der Ball – anders als nach bisherigen Rechtsprechung  – bereits weiter als zwei Meter vom Tatgeschehen entfernt war. Damit wird zukünftig ausgeschlossen, dass solche grobe Vergehen „nur“ wegen unsportlichem Verhalten bestraft werden können und damit die Schwere des Vergehens nicht nur über die Strafzumessung reguliert wird, sondern dogmatisch korrekt über die Vorschrift.

Nach weiteren Ausführungen zu einer Vielzahl von Einzelanfragen, unter anderem zu den Themen Eintragungen im elektronischen Spielbericht, Einsatz von Spielern mit Pflichtspielsperre in „Reserve außer Konkurrenz“, „whatsapp“ als Beweismittel, Spielabbruch wegen Unterschreitung der Mindestanzahl, Wiederholungstäter, Durchsetzung eines Platzverbotes und Fragen zum Zweitspielrecht gab Andreas Dietzel noch einen Überblick über den Stand der anhängigen Berufungsverfahren und lud die Vorsitzenden der Sportgerichte zur Jahrestagung im August in die Sportschule ein. Dietzel bedankte sich für die rege Teilnahme und bei den Sportrichtern Jens Heil für die Erstellung der Präsentation und Roland Schleenbecker für die reibungslose Organisation.