Junger Schiedsrichter spendet Schmerzensgeld an Schiedsrichtervereinigung - das Interview

08. Januar 2018 · Top-News · von: Matthias Gast

Der junge Schiedsrichter Simon Henninger (17) wurde vor rund einem Jahr Opfer eines tätlichen Angriffs im Rahmen eines B-Junioren-Spiels. Er wurde zu Boden geschlagen und getreten, erlitt eine Amnesie und trug erhebliche Verletzungen davon. Inzwischen wurde ihm ein Schmerzensgeld von 1.000 Euro zugesprochen. Dieses Schmerzensgeld hat er dem Freundeskreis der Schiedsrichter-Vereinigung Main-Taunus zur Verfügung gestellt, damit es für die Betreuung junger Schiedsrichter verwendet werden kann. Nach diesem bemerkenswerten Schritt hat er sich hfv-online.de zum Kurzinterview zur Verfügung gestellt.

Simon Henninger (li.) als Schiedsrichter bei einem Jugendspiel. Foto: Fupa.net

Hallo Herr Henninger, Sie haben sich entschieden, das zugesprochene Schmerzensgeld von 1000 Euro an Ihre Schiedsrichtervereinigung Main-Taunus zu spenden. Wie sind Sie darauf gekommen?
In unserer Schiedsrichtervereinigung gibt es so einen großartigen Zusammenhalt. Ich wurde von ganz vielen Leuten unterstützt, sogar im Krankenhaus besucht. Ich konnte mit ganz vielen Schiedsrichtern sprechen. Das hat mir letztendlich auch ganz klar gezeigt, dass es falsch wäre, als Schiedsrichter aufzuhören. Hier wollte ich etwas zurückgeben.

Dieser Vorfall hat Sie nicht von der Schiedsrichterei abgehalten, warum?
Erstens hat daran natürlich die Schiedsrichtervereinigung einen riesigen Anteil. Mir war nach diesem Vorfall sehr schnell klar, dass das, was hier passiert ist, nichts mit Fußball zu tun hat. Es wäre das völlig falsche Zeichen gewesen, wenn ich aufgehört hätte. Im Nachhinein kann ich sogar sagen, dass mich dieser Vorfall enorm gestärkt und mich in meiner Persönlichkeitsentwicklung weit voran gebracht hat.

Was macht Ihnen bei Ihrem Hobby besonders viel Spaß?
Zunächst einmal finde ich, dass Fußball einfach ein ganz toller Sport ist. Ich selbst bezeichne ihn oft als Sport, der die Gesellschaft widerspiegelt. Man findet hier jeden Typen wieder, mit dem man sich auch in der „normalen“ Welt auseinander setzten muss. Man muss mit ganz vielen verschiedenen Personentypen umgehen, dabei gerecht bleiben und das unter enormen Drucksituationen - etliche Male im Spiel. Deshalb entwickelt sich die Persönlichkeit eines Schiedsrichters oft sehr weit. Darüber hinaus ist es natürlich toll, wenn man im Gespann zusammen wegfährt. Es gibt ganz viele richtig coole Leute, mit denen man einfach gerne Woche für Woche wieder auf dem Platz steht. Vergessen darf man natürlich auch nicht, dass man sich als Schiedsrichter auch unheimlich fit hält, wenn man über 10 Kilometer pro Spiel läuft.

Was raten Sie jungen Schiedsrichtern, die in prekäre Situationen geraten?
Während solcher Situationen kann man tatsächlich relativ wenig machen. Es gibt eine einzige Sache, die wirklich immer zutreffend ist: Ruhe bewahren. Die Situation selbst wird man nicht mehr ändern können. Deshalb muss man sie abwarten und sollte nicht selbst dafür sorgen, dass sie unnötigerweise noch mehr emotionalisiert wird.
Ich würde ihnen raten, dass sie sich vor allem mit ganz vielen verschiedenen Leuten aus der Schiedsrichtervereinigung unterhalten sollen. Natürlich sollten hierzu der KSO -und bei jungen Leuten noch viel wichtiger der Kreislehrwart- zur Verfügung stehen. Aber auch darüber hinaus gibt es einige andere Menschen in einer Schiedsrichtervereinigung, mit denen man über solche Vorfälle prima sprechen kann.
Das ist extrem wichtig, weil man nur so selbst reflektiert. Wenn man Situationen reflektiert, erkennt man diese wieder, wenn sie sich ähnlich erneut andeuten. Es gilt also, Situationen zu antizipieren. So kann man als Schiedsrichter einen Schritt voraus sein.

Was sind Ihre weiteren Ziele als Schiedsrichter, beruflich und privat?
Das ist tatsächlich eine schwierige Frage, weil ich mir bei allen drei Sachen keine Ziele setze. Als Schiedsrichter freue ich mich, je mehr mir zugetraut wird, höher zu pfeifen. Beruflich ist es da schon etwas schwieriger. Nach meinem Abitur dieses Jahr mache ich wohl erstmal eine kurze Reise und ein Freiwilliges Soziales Jahr im Sport, bevor ich mich entscheide, in welche Richtung ich mich beruflich entwickeln möchte. Das klingt jetzt sehr kitschig, aber privat möchte ich vor allem glücklich, gesund und zufrieden sein.